Handelsstreit zwischen USA und China:Geplänkel an der Grenze

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Zölle auf Stahlrohre, Hähnchenfleisch, Autoreifen: China und die USA errichten immer neue Handelsbarrieren - das belastet den ersten Besuch von US-Präsident Obama in Peking.

M. Grzanna

Wachsende wirtschaftliche Spannungen belasten den ersten China- Besuch des amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Nach offizieller Lesart wollen Amerikaner und Kommunisten bei der Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise eng zusammenarbeiten.

Arbeiter verladen Stahlröhren im Hafen von Hefei in der chinesischen Provinz Anhui. Die Vereinigten Staaten erheben seit Oktober Zölle auf Stahlröhren aus China. (Foto: Foto:)

Doch in Wahrheit wirft man sich seit Monaten gegenseitig Knüppel zwischen die Beine. Sowohl die USA als auch China haben neue Handelsbarrieren hochgezogen, um ihren heimischen Unternehmen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Weitere Schutzmaßnahmen sind auf beiden Seiten bereits in Vorbereitung. Diese Scharmützel drücken beim Staatsbesuch, der am Sonntag beginnt, auf die Stimmung.

Zölle gegen Stahlrohre aus China

"Der Druck der amerikanischen Gewerkschaften auf die Regierung ist enorm. Die Spannungen werden sich unter diesen Bedingungen kein bisschen lösen", glaubt Shen Guobin vom Wirtschaftsforschungsinstitut der Fudan-Universität in Shanghai. Amerikanische Arbeiter hatten mit einer Art Notruf in Richtung Washington dafür gesorgt, dass die Vereinigten Staaten Mitte September einen Zoll in Höhe von 35 Prozent auf Autoreifen aus China erhoben. Das löste eine Kettenreaktion aus. Peking leitete die Untersuchung von Hähnchenfleisch-Importen aus den USA wegen angeblichen Dumpings ein. Seitdem vergeht kaum eine Woche ohne Meldung über neue Zölle oder die Ankündigung weiterer Ermittlungen.

So verhängten die USA Ende Oktober vorläufige Zölle gegen chinesische Stahlrohre. Auch Papierwaren könnten demnächst betroffen sein. Was Rohstoffe angeht, hoffen die USA auf die Unterstützung der Welthandelsorganisation WTO. Limitierte Exporte aus China unter anderem von Zink und Magnesium würden die Weltmarktpreise in die Höhe treiben und nicht-chinesische Unternehmen benachteiligen, lautet der Vorwurf. Gestützt wird das Anliegen von der Europäischen Union (EU). Eine endgültige Entscheidung der WTO steht zudem im Streit um Kulturgüter wie Bücher oder Filme aus, deren freie Einfuhr China seit Jahren wegen "moralischer Bedenken" blockiert.

Auf chinesischer Seite ist man beim Aufbau neuer Schranken genauso fleißig. 36 Prozent Zoll werden seit Mitte Oktober bei der Einfuhr von Nylon aus den USA erhoben. Das Geld werde eingefroren und wieder ausgezahlt, wenn die Regelung noch kippen sollte, heißt es. Verdächtig sind den Chinesen neben Hähnchenfleisch zudem Autos und Autoteile aus den USA. Auch hier laufen die Untersuchungen. "China will nicht, dass der Streit eskaliert. Hähnchenfleisch als Antwort auf die Autoreifen ist vergleichsweise harmlos", sagt Wirtschaftsforscher Shen. China befände sich in einem Dilemma. Einerseits müsse es auf den Protektionismus der Amerikaner reagieren, andererseits dabei sehr vorsichtig sein, um sich nicht selbst zu schaden.

Alternativen für Amerika

Denn bei aller Euphorie um die Zugkraft der chinesischen Wirtschaft besitzen die Amerikaner immer noch mehr Alternativen. "Wenn die USA nicht mehr in China einkaufen, können sie das woanders in der Welt tun. China würde dieser Einbruch dagegen sehr schaden", sagt Song Hong vom Wirtschaftsinstitut der Akademie für Sozialwissenschaften in Peking. Und auch auf amerikanischer Seite ist man sich seiner gewichtigen Rolle für die Entwicklung Chinas bewusst. "Die USA sind in jeder Beziehung der Schlüssel für Chinas Erfolg, wirtschaftlich und politisch", so Professor David Shambaugh von der George Washington University am Dienstag in Peking.

Doch nach der Pfeife der Amerikaner tanzen die Chinesen deswegen noch lange nicht. Das gilt besonders auch in der Frage eines flexiblen Wechselkurses der chinesischen Landeswährung Renminbi, deren Wert die Chinesen künstlich niedrig halten, um den eigenen Exportsektor zu stärken. "Die USA werden wieder Druck machen, und die Chinesen werden den Yuan ein Stückchen aufwerten. Aber grundsätzlich wird sich nichts ändern", prophezeit Shen Guobin von der Uni in Fudan. Denn auch die USA wollen den Streit mit China nicht ausufern lassen. Sie vermeiden tunlichst, der kommunistischen Regierung öffentlich Währungsmanipulationen vorzuwerfen, was nach US-Gesetz umgehend Verhandlungen mit China nach sich ziehen müsste und ohne Einigung in einen Handelskrieg münden würde.

Wenig Eile zeigen die Chinesen zudem dabei, dem Government Procurement Agreement (GPA) beizutreten, deren Mitgliedstaaten wie die 27 EU-Nationen oder die USA zusagen, öffentliche Projekte international auszuschreiben. Ein erstes chinesisches Angebot zu den Beitrittsbedingungen war im Dezember 2007 abgelehnt worden. Seitdem warten die Mitglieder auf den zweiten Anlauf. Ungewiss ist unter diesen Voraussetzungen, ob die USA bereit sind, China bei dessen dringendem Wunsch, schnellstmöglich als Marktwirtschaft anerkannt zu werden, entgegenzukommen. Zumindest soll es eine gemeinsame Erklärung zu diesem Thema geben.

© SZ vom 11.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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