Handelsstreit:Vorsichtig versöhnlich

Handelsstreit: Ein bisschen wie Lego: der Hafen von Qingdao in China. Die Importe aus den USA gingen dort 2019 um mehr als ein Fünftel zurück.

Ein bisschen wie Lego: der Hafen von Qingdao in China. Die Importe aus den USA gingen dort 2019 um mehr als ein Fünftel zurück.

(Foto: AFP)

Kurz vor einem ersten Teilabkommen zelebrieren die USA und China ihre Annäherung.

Von Christoph Giesen, Peking

Chinas Vizepremierminister Liu He hat sich auf den Weg gemacht nach Washington, wie so oft in den vergangenen Monaten, diesmal soll es aber etwas zu feiern geben. Am Mittwochabend soll im Weißen Haus ein Abkommen unterzeichnet werden, eine Teileinigung im ruinösen Handelskrieg zwischen China und den Vereinigten Staaten. "Phase eins", nennen die Verhandlungsführer ihr Ergebnis. Darauf geeinigt haben sie sich bereits Mitte Dezember, was fehlte, waren jedoch die entsprechenden Fernsehbilder. Liu He musste erst nach Peking zurückkehren, um sich den Deal genehmigen zu lassen, dann kamen Weihnachten und Silvester, nun folgt die formale Unterschrift. Ein PR-Termin vor allem für US-Präsident Donald Trump, entsprechend freundliche Töne schlägt man in Washington an.

Am Montagabend nahm das amerikanische Finanzministerium den Vorwurf zurück, China manipuliere seine Währung. Peking habe sich überprüfbar dazu verpflichtet, die Landeswährung Yuan nicht mehr zu nutzen, um sich im internationalen Wettbewerb Vorteile zu verschaffen, hieß es in einer Mitteilung. Was nach einer großen Geste klingt, ist bei genauerer Betrachtung eine Selbstverständlichkeit, ja das Gegenteil war zuletzt sogar gar der Fall: Peking wertete den Yuan in den vergangenen Jahren nicht künstlich ab, sondern stabilisierte die Währung durch Devisenverkäufe in Milliardenhöhe. Ein Sprecher des chinesischen Außenamtes gab sich am Dienstag dennoch versöhnlich und sagte, die Entscheidung decke sich mit den Tatsachen und dem Konsens der internationalen Gemeinschaft. Ansonsten höfliches Schweigen in Peking.

Denn: Für ein Tauwetter ist es beileibe noch zu früh, ein Großteil der gegenseitigen Strafzölle bleibt auch nach der Zeremonie in Kraft. Lediglich geplante Zollerhöhungen werden mit dem Abkommen ausgeschlossen. Im Dezember verzichteten die USA auf Zölle für Konsumgüter im Wert von 150 Milliarden Dollar. Die bereits seit 2018 verhängten Sonderabgaben von 25 Prozent auf Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar bleiben allerdings bestehen. Weitere Zölle in Höhe von 15 Prozent auf chinesische Waren im Wert von 120 Milliarden Dollar sollen halbiert werden. Trump sieht die bestehenden Strafzölle als Trümpfe für die Verhandlungen über ein Abkommen für die zweite Phase.

Laut Angaben von US-Beamten soll China im Gegenzug versprochen haben, die Importe aus den USA über zwei Jahre um 200 Milliarden Dollar zu erhöhen. Davon sollen mindestens 40 Milliarden Dollar den US-Landwirten zugutekommen. Ferner soll China zugesagt haben, für etwa 75 Milliarden Dollar Industriegüter zu kaufen. Für weitere 50 Milliarden Dollar soll China in den USA Gas und Öl beschaffen und zusätzlich 35 bis 40 Milliarden Dollar in Dienstleistungen stecken. Was fehlt, ist eine Bestätigung der Deals aus Peking.

Wie heftig der Handelskrieg zuletzt gewütet hat, zeigen Zahlen, die der chinesische Zoll am Dienstag vorlegte. So ist der Handel zwischen den Vereinigten Staaten und China im vergangenen Jahr um 14,6 Prozent eingebrochen. Chinas Importe aus den USA sackten gar um 20,9 Prozent auf 122 Milliarden Dollar ab, während Chinas Ausfuhren in die USA um 12,5 Prozent auf 418 Milliarden Dollar zurückgingen. Die Folge: Nach zwei Jahren mit zweistelligen Zuwachsraten fiel Chinas Außenhandel mit der gesamten Welt 2019 erstmals um ein Prozent. Nachrichten, an die man sich womöglich wird gewöhnen müssen, Verhandlungen der "Phase zwei" dürften deutlich komplizierter werden.

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