Süddeutsche Zeitung

Handelsstreit:Trump vertagt Beschluss zu Auto-Strafzöllen

  • US-Präsident Trump will nach US-Medienberichten seine Entscheidung über die Einführung von Zöllen auf Autoimporte aus der EU und anderen Weltregionen auf Herbst verschieben.
  • Die US-Regierung und die EU-Kommission erhielten damit bis zu sechs Monate mehr Zeit, um ihre Differenzen in der Handelspolitik beizulegen.
  • Womöglich pocht Trump im Gegenzug auf eine Begrenzung der Autoexporte in die USA.

Von Claus Hulverscheidt, New York

US-Präsident Donald Trump wird seine Drohung, Strafzölle auf Auto-Importe aus Europa und anderen Weltregionen zu erheben, offenbar vorerst nicht wahrmachen. Nach übereinstimmenden US-Medienberichten soll der Beschluss darüber, ob die Abgabe eingeführt wird oder nicht, nun statt an diesem Freitag voraussichtlich erst im Herbst fallen. Die US-Regierung und die EU-Kommission erhielten damit bis zu sechs Monate mehr Zeit, um ihre Differenzen in der Handelspolitik beizulegen. Offenbar verlangt der US-Präsident im Gegenzug eine Begrenzung der Importe von Fahrzeugen in die USA, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf einen Verordnungsentwurf. Trump stört besonders der hohe Exportüberschuss Deutschlands gegenüber seinem Land.

Die Medienberichte decken sich mit SZ-Informationen, wonach auch die Autoindustrie nicht mit der baldigen Einführung von Zöllen rechnet. Die Überlegungen des Präsidenten waren nicht nur bei großen internationalen Herstellern wie Mercedes, BMW oder Toyota, sondern auch bei US-Konzernen wie GM auf Ablehnung gestoßen. Auch die US-Autobauer produzieren einen Teil der Wagen, die sie verkaufen, im Ausland oder beziehen Teile von dort. Im Kongress hatte sich ebenfalls breiter Widerstand geregt, auch unter Republikanern. Hauptleidtragende eines Zusatzzolls von mutmaßlich 25 Prozent wären aber wohl die deutschen Hersteller.

Dass Trump jetzt offenbar erst einmal auf die Strafabgabe verzichtet, dürfte auch mit der jüngsten Eskalation des amerikanisch-chinesischen Handelskonflikts zusammenhängen. Der Streit mit Peking belastet Wirtschaft und Verbraucher in den USA bereits spürbar und bindet darüber hinaus in Washington viele Kräfte. Der Präsident konnte es sich deshalb wohl schlicht nicht leisten, eine zweite Front zu eröffnen. Hinzu kommt eine strategische Überlegung: Im Moment, da Trump Zölle gegen Europa einführt, kann er nicht mehr mit ihnen drohen. Er verlöre damit ein Druckmittel, um die Brüsseler Kommission an den Verhandlungstisch zu zwingen. Der Präsident will nicht nur erreichen, dass die US-Autobauer mehr Pkw in Europa verkaufen können, sondern dass die EU auch ihren Agrarsektor und andere Märkte stärker für amerikanische Hersteller öffnet.

Die US-Regierung hatte die Idee der Autozölle offiziell damit gerechtfertigt, dass die hohe Zahl an Pkw-Importen die nationale Sicherheit gefährden könnte - ein Vorwurf, den auch in den Vereinigten Staaten selbst kaum jemand ernst nimmt. "Die Sache ist eindeutig: Autos sind keine Gefahr für die nationale Sicherheit", erklärte der US-Branchenverband AAM. Experten zufolge könnte ein 25-prozentiger Zoll Autos in den USA im Schnitt um 2750 Dollar verteuern und den Jahresabsatz um 1,3 Millionen Fahrzeuge schmälern.

Bewegung gibt es derweil bei den Stahlzöllen, die die USA gegen ausländische Lieferanten verhängt haben: Finanzminister Steven Mnuchin sagte bei einer Parlamentsanhörung, die Gespräche mit Kanada und Mexiko über eine Wiederabschaffung der Importabgabe stünden vor dem Abschluss. Von den europäischen Herstellern, die die Zölle ebenfalls zahlen müssen, war dagegen keine Rede.

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SZ vom 16.05.2019/fie
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