Süddeutsche Zeitung

Handelsstreit:Keine Notierung mehr an US-Börsen?

Berichte über neue Überlegungen des US-Präsidenten belasten die Kurse chinesischer Unternehmen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Unmittelbar vor der Wiederaufnahme ihrer Handelsgespräche erhöht die US-Regierung im Streit mit China einmal mehr den Druck. Wie die Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters übereinstimmend berichteten, wird im Weißen Haus und auch im Kongress darüber nachgedacht, Investitionen amerikanischer Kapitalanleger und Investmentfonds in chinesische Aktien künftig zu beschränken. Umgekehrt sollen chinesische Anlagegesellschaften nicht mehr so einfach in US-Wertpapiere investieren dürfen. Zudem werde erwogen, Firmen aus der Volksrepublik die Notierung an US-Börsen zu verbieten und die Anteilsscheine chinesischer Konzerne aus wichtigen Aktienindizes zu verbannen, hieß es. Wie das vonstattengehen könnte, blieb allerdings zunächst unklar.

Die Regierungen in Washington und Peking, die sich im Streit um den hohen chinesischen Handelsüberschuss, um Produktpiraterie und Technologiediebstahl seit Monaten gegenseitig mit Zöllen und anderen Strafmaßnahmen überziehen, wollen ihre seit Wochen festgefahrenen Gespräche Anfang Oktober wiederaufnehmen. Dazu wird eine hochrangige chinesische Delegation in der US-Hauptstadt erwartet. Präsident Donald Trump hatte in der Vergangenheit vor Beginn solcher Verhandlungen immer wieder Drohungen ausgestoßen, um den Druck auf seinen Pekinger Amtskollegen Xi Jinping zu erhöhen. Ob diesmal mehr dahintersteckt, ist unklar. Dafür spricht, dass auch führende Kongressmitglieder wie Senator Marco Rubio aus Florida die Finanzbeziehungen zwischen den USA und China beschränken wollen.

Die China-Kritiker stört unter anderem, dass die Besitzverhältnisse bei Firmen aus der Volksrepublik oft intransparent sind und dass die Regierung in Peking bei einigen Unternehmen ganz offensichtlich im Hintergrund die Fäden zieht. Gegen mehrere Konzerne haben die USA sogar Sanktionen verhängt, weil sie angeblich eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen. In solche Unternehmen, so die Argumentation der Regierung, sollten US-Anleger kein Geld investieren. Der Marktkapitalisierung aller 156 chinesischen Firmen, die an den drei größten US-Aktienbörsen notiert sind, belief sich den Angaben zufolge Ende Februar auf 1,2 Billionen Dollar.

Am Freitag reagierten die US-Märkte erst einmal mit teils deutlichen Kursverlusten auf die neuerliche Zuspitzung des Handelskonflikts. Am härtesten traf es chinesische Konzerne wie Alibaba und JD.com, denen angeblich der Rauswurf droht. Alibaba-Papiere verloren zeitweise mehr als fünf, JD-Titel gar sechs Prozent an Wert. Jennifer Allison vom kalifornischen Vermögensverwalter BOS bezeichnete Trumps "dauerndes Hin und Her" aus Drohungen und Anbiederei als "einfach dumm". Der Präsident, so Allison, "spielt mit dem Feuer."

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SZ vom 28.09.2019
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