Handelsstreit:"Hey #Chinesisches Staatsfernsehen"

Ein bizarrer TV-Wettstreit und der Kampf um die Seltenen Erden: Der Handelsstreit mit den USA spitzt sich zu. China bringt Rohstoffe ins Spiel, die für Handys unverzichtbar sind.

Von C. Giesen, C. Hulverscheidt, Shenzhen/New York

Pentagon Losing Control of Bombs to China's Monopoly

Ohne Seltene Erden keine Smarthphones. Im Bild: Neodymium aus der Inneren Mongolei.

(Foto: Nelson Ching/Bloomberg)

Es dauerte gerade einmal zehn Minuten, dann war der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt gelöst: "Wäre es nicht eine Möglichkeit, wenn es zwischen beiden Ländern überhaupt keine Zölle mehr gäbe?", fragte die Vertreterin der Vereinigten Staaten. "Ja, das wäre großartig", entgegnete ihre Pekinger Kontrahentin. "Chinesische Produkte würden in den USA noch billiger, genau wie amerikanische in China." Das einzige Manko der Verständigung: Es waren nicht die Regierungen in Washington und Peking, die hier miteinander verhandelten, sondern Trish Regan und Liu Xin, zwei willfährige Fernsehmoderatorinnen: Regan arbeitet für den Sender Fox Business News und nutzt ihre Abendsendung regelmäßig dazu, US-Präsident Donald Trump zu huldigen, Liu wiederum moderiert beim englischsprachigen chinesischen Sender CGTN, der von Staats- und Parteichef Xi Jinping und seinen Mannen kontrolliert wird.

Begonnen hatte alles wie so oft in diesen Tagen bei Twitter: "Hey #Chinesisches Staatsfernsehen - lasst uns eine EHRLICHE Debatte über #Handel führen. Ihr beschuldigt mich, emotional zu sein und die Fakten nicht zu kennen - falsch! Ihr nennt Zeit und Ort und ich werde da sein!", hatte Regan vergangene Woche getweetet. Liu Xin nahm das Angebot zum TV-Duell an.

16 Minuten sprachen sie miteinander; wirklich tiefschürfend war der Austausch nicht. Aber immerhin lief der Wettstreit zur besten Sendezeit: Mittwoch, 20 Uhr US-Ostküstenzeit. Eine prima Gelegenheit für Liu, Pekings Botschaften einmal ungefiltert in Amerikas Wohnzimmer zu posaunen. Da sie aber, genau wie Regan, de facto kaum mehr als eine Claqueurin für ihren Präsidenten ist, ist der Handelskonflikt in Wahrheit natürlich mitnichten gelöst. Im Gegenteil: Er gewinnt weiter an Schärfe.

Kaum hatten sich Liu und Regan verabschiedet, meldete sich bereits Chinas stellvertretender Außenminister Zhang Hanhui zu Wort: "Diese Art, Handelskonflikte bewusst zu schüren, ist nackter Wirtschaftsterrorismus, ökonomischer Selbstmord, ökonomische Schikane", sagte er. Der Handelsstreit werde der Weltwirtschaft sehr schaden, jeder sei ein Verlierer.

Die Volksrepublik ist mit Abstand der größte Förderer jener 17 Metalle

Was darunter zu verstehen ist, skizzierte am Mittwoch die Volkszeitung, das offizielle Sprachrohr der Kommunistischen Partei. "Sagt nicht, wir hätten Euch nicht gewarnt", schrieb das Blatt. "Werden Seltene Erden eine Gegenwaffe Chinas zu dem ohne jeden Grund aufgebauten Druck der USA? Die Antwort ist kein Geheimnis", hieß es nebulös. Die Volksrepublik ist mit Abstand der größte Förderer jener 17 Metalle, die unerlässlich sind für Smartphones, Antennen oder Akkus. Die Vereinigten Staaten beziehen 80 Prozent aus China. Werden diese Exporte eingestellt, hat das ernsthafte Konsequenzen überall auf der Welt. Ein Sprecher des Pekinger Handelsministeriums gab am Donnerstag verhalten Entwarnung. China werde ungeachtet des Handelsstreits eine "angemessene" Nachfrage anderer Länder nach Seltenen Erden decken. Es wäre aber inakzeptabel, wenn diese Staaten die Rohstoffe zur Produktion nutzten und dann China unterdrückten, sagte der Sprecher. Gemeint sind natürlich die Amerikaner und ihre jüngsten Maßnahmen - etwa die Entscheidung, den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei auf eine schwarze Liste zu setzen.

US-Präsident Trump wirft dem Konzern vor, Spionage zu betreiben. Huawei weist das zurück und geht stattdessen in die Offensive. Das Unternehmen hat vor einem US-Gericht eine Beschleunigung seiner vorliegenden Klage gegen die "illegalen" Beschränkungen seines USA-Geschäfts beantragt, wie Chefjurist Song Liuping am Mittwoch mitteilte. "Politiker in den USA benutzen die Stärke der ganzen Nation, um ein privates Unternehmen zu verfolgen", sagte Song. Auf Huawei kamen natürlich auch die beiden Moderatorinnen zu sprechen. Wie wäre es, wenn man den Konzern auf den US-Markt ließe, fragte Trish Regan. Unter einer Bedingung nämlich: wenn Huawei seine Technologie teilt. Kein Problem entgegnete Liu, so lange amerikanische Firmen für die Nutzungsrechte zahlten. Eine bemerkenswerte Antwort: Klagen über chinesische Industriespionage und Copyright-Verletzungen, das ist der Kern des Konflikts.

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