Süddeutsche Zeitung

Handelsstreit:Ein Kaffeekränzchen mit dem Botschafter bringt nichts

Die verquere Eskalationsstrategie des US-Präsidenten Donald Trump kann am Ende jeden treffen. Deutsche und amerikanische Autobosse sollten daher eine gemeinsame Haltung erarbeiten.

Kommentar von Claus Hulverscheidt, New York

Wenn der VW Jetta und der Toyota Camry die größte Gefahr für die Sicherheit eines Landes darstellen, dann lässt das nur zwei Interpretationen zu: Entweder muss es dem Land verdammt gut gehen, oder aber die Regierung führt die eigenen Bürger gehörig hinter die Fichte.

Im Fall der USA, die gerade einen der längsten Wirtschaftsaufschwünge ihrer Geschichte erleben, trifft wohl beides zu: Weil Wachstum und Beschäftigung kaum noch steigerbar sind, geriert sich der Präsident als ebenso laut- wie halbstarker Anwalt der heimischen Industrie, der ausländische Konkurrenten mit Zoll-Drohungen lähmt und sie als Risiko für die nationale Sicherheit brandmarkt.

Eine ganze Zeit lang haben Amerikas Manager und Arbeitnehmer dem Spuk mit einer Mischung aus Faszination und Verwunderung zugeschaut. Doch so langsam schwant den ersten, dass Donald Trumps Strategie auch gehörig nach hinten losgehen könnte: So helfen etwa die Zölle auf Stahlimporte zwar den wenigen verbliebenen Stahlkochern des Landes, zugleich schaden sie aber der viel größeren Zahl an US-Firmen, die bei der Fertigung ihrer Produkte auf Bleche und Röhren angewiesen sind und nun höhere Kosten tragen müssen.

Zölle nicht als Ziel, sondern nur Mittel zum Zweck

Sollten demnächst tatsächlich auch Autos mit Einfuhrabgaben belegt werden, wie der Präsident das angedroht hat, würde sich das Problem potenzieren. Betroffen wären nämlich nicht nur VW und Toyota, sondern auch die US-Hersteller GM, Ford und Chrysler, die einen beträchtlichen Teil ihrer daheim verkauften Wagen im Ausland montieren lassen.

Trumps Adlaten streuen nun, dass die möglichen Zölle für den Präsidenten ja gar nicht das Ziel, sondern nur Mittel zum Zweck seien. Demnach geht es vor allem darum, so viel Druck auf die Handelspartner in Europa und Asien aufzubauen, dass diese aus purer Angst schließlich die weiße Fahne hissen und ihrerseits alle Barrieren für US-Unternehmen beseitigen.

Das erklärt, warum Trump für Firmen wie Harley-Davidson, die sein Spiel nicht mitspielen, sondern nach alltagstauglichen Lösungen für sich selbst suchen, nur Verachtung übrig hat. Und das erklärt auch, weshalb ein US-Botschafter wie Richard Grenell an allen politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel vorbei mit den Chefs der großen deutschen Autokonzerne über den Abbau sämtlicher Zölle verhandelt.

Für die Manager aus Wolfsburg, Stuttgart und München wäre es eine feine Sache, wenn ihnen am Ende nicht nur neue US-Einfuhrabgaben erspart blieben, sondern auch noch die bestehenden gestrichen würden. Politisch aber wäre ein einfaches Nachgeben fatal, denn die EU sendete damit das Signal aus, dass sich der Schulfhofschläger nur kräftig genug aufpumpen muss, um immer und allerorten seinen Willen zu bekommen.

Der US-Präsident müsste das geradezu als Bestätigung auffassen, dass ihn die niederen Instinkte, mit denen er seit eineinhalb Jahren Weltpolitik betreibt, nicht getrogen haben. Ja, mehr noch: Die Kunst der Erpressung, die sich schon der Geschäftsmann Trump als besonders clevere Verhandlungsstrategie schöngeredet hatte, würde als probates Mittel der Politik geadelt.

Wenn die deutschen Autobosse etwas tun wollen, dann sollten sie Kaffeekränzchen beim Botschafter absagen und stattdessen eine gemeinsame Stellungnahme mit ihren Wettbewerbern in den USA erarbeiten. Trumps verquere Strategie - anlegen, schießen, dann zielen - nämlich kann am Ende jeden von ihnen treffen.

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SZ vom 06.07.2018/hgn
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