Handelskonflikt:Chinesischer Zorn

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Auf Bitten der USA wurde die Tochter des Huawei-Gründers festgenommen. China ist stolz auf den Konzern, er verkauft mittlerweile mehr Handys als Apple.

Von Claus Hulverscheidt und Helmut Martin-Jung, New York

Dass Schluss mit lustig ist, wenn die eigene Familie in die Schusslinie gerät, hätte sich gerade Donald Trump eigentlich denken können. Immer wieder hat der US-Präsident in der Vergangenheit seine Söhne und Töchter aggressiv verteidigt, wenn diese mit Vorwürfen zu tun hatten, Politik und Geschäft zu sehr miteinander zu verquicken. Nun hat Trumps Regierung in der Dauerfehde mit dem chinesischen Tech-Konzern Huawei ausgerechnet Meng Wanzhou festnehmen lassen, die nicht nur die Finanzchefin der Firma ist, sondern auch die Tochter von Gründer Ren Zhengfei. Ren ist in China so bekannt wie Bill Gates in den USA. Kein Wunder also, dass der Aufschrei im Land gewaltig ist.

Meng wurde auf Bitten der USA bereits am Samstag auf dem Flughafen im kanadischen Vancouver festgenommen, wo sie lediglich umsteigen wollte. Die US-Behörden fordern nun ihre Auslieferung. Sie werfen Huawei vor, gegen Wirtschaftssanktionen verstoßen zu haben, die Washington im Atomstreit mit Iran gegen das Land verhängt hat. Bekannt gegeben wurde die Festnahme erst jetzt, nachdem eine kanadische Zeitung darüber berichtet hatte.

Die USA verdächtigen Huawei, mit Geheimdiensten zusammen zu arbeiten. Ein Beweis fehlt

Meng Wanzhou ist Finanzchefin des Technologie-Konzerns Huawei. Sie besucht viele Konferenzen. Eine Reise nach Kanada wurde ihr jetzt zum Verhängnis. Sie wurde dort festgenommen. (Foto: Alexander Bibik/Reuters)

Dass Meng ausgerechnet an dem Tag in Haft landete, an dem Trump und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping in Buenos Aires über eine Annäherung im Handelskonflikt verhandelten, macht die Sache endgültig zum Politikum. An den Aktienbörsen der Welt rauschten die Kurse am Donnerstag in den Keller, weil befürchtet wird, dass die Festnahme die ohnehin geringen Fortschritte in den Handelsgesprächen wieder zunichtemachen und der Streit stattdessen in einen Kalten Krieg der beiden Supermächte münden könnte.

So wie Meng nicht irgendeine Top-Managerin ist, ist der Huawei-Konzern nicht irgendein Unternehmen, weder für Chinesen noch für Amerikaner. Für Xi ist der Tech-Riese, der gerade den US-Rivalen Apple bei der Zahl der weltweit verkauften Smartphones überholt hat, gewissermaßen die Verkörperung seines Plans, die Volksrepublik bis Mitte des kommenden Jahrzehnts in zentralen Technologiebereichen zum Weltmarktführer hochzurüsten. Aus demselben Grund stellen sich die USA Huawei immer wieder in den Weg. Sie hegen zudem den Verdacht, dass der Konzern mit Chinas Geheimdiensten kooperiert und diesen erlaubt, von Handy- und Chipnutzern Informationen abzugreifen.

Bisher sind keine Hinweise darauf bekannt, dass dieser Vorwurf der Amerikaner berechtigt ist. So hat etwa das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Huawei-Geräte geprüft und keine verdächtige Software entdecken können. Dennoch übt die US-Regierung Druck auf die Mobilfunkanbieter des Landes aus, ihren Kunden keine Huawei-Handys zu offerieren. Auch Einzelhandelsketten wie etwa Best Buy verkaufen die Geräte nicht mehr. Zugleich stehen die Mobilfunkanbieter jedoch unter Druck, ihre Netze für den kommenden, superschnellen Mobilfunkstandard 5G zu rüsten. Ohne Huawei, den Weltmarktführer im Bereich der Kommunikationstechnologie, dürfte der Netzausbau aber schwierig werden. Das gilt umso mehr, als viele Mobilfunkanbieter schon heute Huawei-Technik verwenden.

Neben Huawei haben die USA auch den chinesischen Telekommunikationsausrüster ZTE im Visier, dem ebenfalls Industriespionage sowie die Verletzung von Sanktionen gegen Nordkorea und Iran vorgeworfen werden. Die ersten Anschuldigungen stammen bereits aus dem Jahr 2012, also aus einer Zeit lange vor Trumps Amtsantritt. In diesem Frühjahr stand der Konzern schon vor dem Aus, nachdem die Regierung in Washington dem Chiphersteller Qualcomm untersagt hatte, ZTE weiter zu beliefern. Nach Zahlung einer Milliardenstrafe und dem Austausch von Managern hob der US-Präsident das Verbot jedoch auf Wunsch Xis wieder auf.

Mit der Festnahme Mengs eskaliert der Konflikt nun wieder. Dass die USA von anderen Ländern die Überstellung von Drogenbossen oder Waffenhändlern verlangen, ist üblich. Die Auslieferung einer ausländischen Top-Managerin aber wäre ein Novum. Schon jetzt gibt es in China Stimmen, die sagen, Mengs Festnahme und das Auslieferungsgesuch der Amerikaner seien ein feindseliger Akt mit dem Ziel, Xi in den Gesprächen über eine Handelsvereinbarung zusätzlich unter Druck zu setzen. Trump verlangt von seinem Amtskollegen nicht nur, dass dieser entschlossen gegen das hohe US-Defizit im bilateralen Handel vorgeht, sondern auch, dass China die Gängelung ausländischer Firmen, den Diebstahl von Know-how und die massive Subventionierung eigener Betriebe beendet.

Die chinesische Botschaft in Kanada forderte die Behörden in Ottawa und Washington auf, Meng nicht länger nachzustellen und sie umgehend freizulassen. Sie habe weder gegen kanadische noch gegen amerikanische Gesetze verstoßen, China protestiere deshalb aufs Schärfste "gegen diese ernsthafte Verletzung der Menschenrechte". In den staatlich kontrollierten chinesischen Medien fielen die Kommentare teils noch deutlicher aus. Die Global Times etwa warf den USA "Niedertracht" und "Hooliganismus" vor und erklärte, Trumps Regierung missbrauche das Justizsystem, "um Huawei fertigzumachen".

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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