Süddeutsche Zeitung

Wirtschaftspolitik:Handelsdefizit der USA wächst - trotz strengerer Zölle

  • Im vergangenen Jahr ist das Handelsbilanz-Defizit der USA erneut deutlich gewachsen.
  • Präsident Donald Trump will es eigentlich senken und versucht, andere Länder mit strengeren Einfuhrzöllen unter Druck zu setzen.
  • Ob große Handelsbilanz-Defizite und -Überschüsse überhaupt ein Problem sind, ist unter Ökonomen umstritten.

Von Valentin Dornis

Das Handelsbilanz-Defizit der USA ist im vergangenen Jahr auf rund 621 Milliarden Dollar gewachsen. Das zeigen neue Zahlen der Regierung. Damit stieg das Defizit um 68,8 Milliarden Dollar im Vergleich zu 2017. Für Präsident Donald Trump ist das eine schlechte Nachricht: Er hatte seinen Wählern wiederholt versprochen, das Defizit zu senken.

Die USA importieren seit Jahrzehnten mehr Waren und Dienstleistungen, als sie exportieren. So entsteht das Handelsbilanzdefizit. Nach der Finanzkrise war das US-Defizit zunächst stark gesunken, auf zwischenzeitlich rund 384 Milliarden Dollar. In den vergangenen Jahren ist es wieder kontinuierlich größer geworden.

Unter Ökonomen ist umstritten, wie die Handelsbilanz zu bewerten ist. Deutschland vermeldet jedes Jahr einen großen Bilanzüberschuss, weil die Unternehmen sehr viel exportieren. Diese Waren und Dienstleistungen werden anderswo eingekauft, während Deutschland weniger aus diesen Ländern importiert. Deutschland arbeitet also auf Kosten anderer Staaten, sagen Kritiker. US-Präsident Trump argumentiert ähnlich. Andere Experten vertreten die Position, dass Ungleichgewichte im internationalen Handel natürlich sind, weil Volkswirtschaften unterschiedlich produktiv sind und das Prinzip von Angebot und Nachfrage gilt: In dem einen Land werden bestimmte Produkte benötigt, ein anderes Land kann sie zu angemessenen Konditionen liefern - und beide Staaten profitieren.

In einer Marktwirtschaft ist es schwierig, die Handelsbilanz kurzfristig aktiv zu beeinflussen. Denn Unternehmen und Bürger kaufen, was sie wollen, und das sind mitunter eben massenhaft Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland. Regierungen können ihnen in der Regel nicht vorschreiben, wie und womit sie handeln. Ein wichtiges Instrument des Staates sind deshalb Einfuhrzölle: Dadurch werden Waren, die im Ausland eingekauft werden, teurer. Die Hoffnung ist, dass Unternehmen stattdessen mehr heimische Produkte kaufen. Die müssten dann aber auch in ähnlicher Qualität und zu ähnlichen Preisen verfügbar sein.

Trump stören auch die Auto-Exporte der EU

Donald Trump hat es zu einem zentralen Thema seiner Präsidentschaft gemacht, das US-Handelsdefizit zu senken. Er nennt das große Defizit "unfair", das sein Land vor allem mit China hat. Die USA importieren viele chinesische Waren und Dienstleistungen, die Chinesen weniger US-Produkte. Das versucht Trump mit höheren Zöllen zu ändern.

Aber nicht nur auf China hat der US-Präsident es abgesehen. Auch der Handel mit den EU-Ländern stört ihn. Besonders auffällig sei das Ungleichgewicht in der Autobranche: EU-Länder würden zu viele Autos in die USA exportieren, sagt Trump - und damit die heimische Autoindustrie schwächen. Deshalb drohte er immer wieder, höhere Einfuhrzölle für Autos einzuführen - bis zu 25 Prozent. Die EU-Kommission versucht, das zu verhindern. Deutsche Autobauer fürchten durch solche Zölle Milliardenverluste.

Lesetipp

  • Der Ökonom und Lehrbuchautor Greg Mankiw hat in einem Gastbeitrag in der New York Times sehr anschaulich erklärt, wie Handelsdefizite funktionieren und wann sie ein Problem werden können: "Surprising Truths About Trade Deficits". (Artikel auf englisch)

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