Handel:Streit zwischen Trump und EU droht erneut zu eskalieren

Donald Trump und Jean-Claude Juncker 2017 in Italien

US-Präsident Trump und EU-Kommissionschef Juncker, hier beim G7-Gipfel auf Sizilien im vergangenen Jahr.

(Foto: AP)
  • Die EU und die USA wollen sich auf neue Regeln beim Handeln einigen. Vor einigen Monaten schien eine Lösung nahe, nun wird der Ton wieder schärfer.
  • US-Handelsminister Wilbur Ross warnte die Europäer: Die Geduld von Präsident Trump sei "nicht unbegrenzt". EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström reagiert unbeeindruckt.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Es ist noch nicht lange her, da stand Jean-Claude Juncker neben Donald Trump im Rosengarten des Weißen Hauses und konnte sein Glück kaum fassen. "Wir haben einen Deal", verkündete der EU-Kommissionspräsident im Juli. Doch wie dieser genau aussehen soll, ist weiter unklar. Juncker sagte nach dem EU-Gipfel am Donnerstag nur so viel: "Was wir vereinbart haben, wird gemacht." Immerhin hat sich der Handelsstreit zwischen der EU und den USA seit seinem Besuch in Washington beruhigt. Die angedrohten US-Zölle auf Importautos aus Europa waren vorerst vom Tisch. Nun aber scheint es mit der Ruhe vorbei zu sein.

US-Handelsminister Wilbur Ross war diese Woche in Brüssel und warnte die Europäer: Die Geduld von Präsident Trump sei "nicht unbegrenzt". Die Gespräche seien nicht als "Fünf-Jahres-Prozess" gedacht. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström reagierte unbeeindruckt: "Bislang zeigen die USA kein großes Interesse." Und überhaupt: "Wir haben noch keine Verhandlungen begonnen."

Nur drei Monate nach Junckers Besuch in Washington droht der Handelsstreit erneut zu eskalieren. Wobei es bislang vor allem ein Kampf der Worte ist. Es geht um Deutungshoheit, politische Muskelspiele. So nannte Ross die Aussagen der EU-Unterhändler "sehr entmutigend". Es seien nicht die Vereinigten Staaten, die die Dinge ausbremsten. US-Präsident Trump sei an schnellen Verhandlungen mit belastbaren Ergebnissen interessiert, sagte Ross. Der EU-Seite ist das bewusst.

Ein Abkommen à la TTIP ist aus Sicht der EU-Verhandler derzeit nicht realistisch

"Wir sind auch an schnellen Deals interessiert, von denen beide Seiten profitieren", sagt ein EU-Diplomat. Es gehe nicht um einen 1000 Seiten langen Freihandelsvertrag, schließlich dringe Trump auf rasche und einfache Lösungen. Ein umfassendes Abkommen à la TTIP sei derzeit nicht realistisch. "Jetzt liegt der Ball aber erst einmal im Feld der Amerikaner", heißt es in Brüssel.

Tatsächlich ist die Lage so: Die US-Regierung kündigte am Dienstag offiziell den Willen zur Aufnahme von Handelsgesprächen mit der EU an. Eine entsprechende Absichtserklärung legte der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer dem Kongress in Washington vor. Verhandlungen könnten damit nach Ablauf einer 90-tägigen Anhörungsfrist des Kongresses beginnen. Die Gespräche sollten "mit zeitnahen und substanziellen Ergebnissen für die amerikanischen Arbeiter, Landwirte und Unternehmen abgeschlossen werden", erklärte Lighthizer. Bei den Verhandlungen sollten sowohl Zollbarrieren als auch andere Handelshemmnisse angesprochen und ein fairerer Handel erreicht werden, hieß es im Schreiben an den Kongress. Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU seien "die größten und komplexesten" Wirtschaftsbeziehungen der Welt.

Im Kern geht es um das, was man regulatorische Zusammenarbeit nennt. So könnten unterschiedliche Vorschriften für Autoteile, beispielsweise Blinker, angeglichen oder aufwendige Zulassungsverfahren für Arzneimittel und Chemikalien vereinfacht werden. Die EU ist auch dazu bereit, mehr Sojabohnen aus den USA zu importieren, was Trump schon beim Treffen mit Juncker im Weißen Haus einen Erfolg für die US-Farmer nannte. Ob die EU-Länder auch, wie von Trump gewünscht, mehr Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten einführen, hängt davon ab, ob die USA ein Exportgesetz ändern, das Importe für Europäer günstiger machen würde.

Brüssel wäre auch dazu bereit, ein Abkommen über Industriegüter auszuloten. Dafür müsste die EU-Kommission aber erst noch von den Mitgliedsstaaten ein Verhandlungsmandat erhalten.

EU-Länder sagen, sie könnten sich auf die USA nicht mehr verlassen

Die Brüsseler Behörde ist in der EU für den Abschluss von internationalen Handelsverträgen zuständig. Und sie treibt den Abschluss weiterer Abkommen voran. In der EU herrscht Einigkeit, dass man sich auf den Bündnispartner USA nicht mehr verlassen kann. Juncker ist deshalb fest entschlossen, jene Lücke zu füllen, die der US-Präsident hinterlassen hat. An diesem Freitag soll in Brüssel ein Vertrag mit Singapur unterzeichnet werden; mit Vietnam sind die Vorarbeiten für ein Abkommen abgeschlossen; und der Pakt mit Japan soll noch vor den Europawahlen ratifiziert werden. Am Donnerstagabend stand in Brüssel der Asien-Europa-Gipfel auf dem Programm, für den sich 21 asiatische Staats- und Regierungschefs angekündigt hatten. Zusammen mit der EU stehen die Länder für zwei Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Sie alle wollten ein Zeichen für die Kraft des Multilateralismus setzen - und damit gegen Trumps Protektionismus.

Dennoch setzen die Europäer weiter auf Dialog. Kommende Woche wollen Unterhändler aus Brüssel nach Washington reisen.

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