Handel: Spitzelaffäre:Lidl zeigt Einsicht

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Der Handelskonzern Lidl wirbt um Vertrauen - und entschuldigt sich für die Bespitzelung von Mitarbeitern durch angeheuerte Detektive. Die betroffenen Mitarbeiter erhalten Einblick in die Überwachungs-Protokolle.

Diese Art der Presse hätte sich der Handelskonzern Lidl lieber geschenkt. Der Stern hatte aufgedeckt, dass Detektive die eigenen Mitarbeitet bespitzelt haben, andere Medien berichteten groß. Nun bekommen die von der "Lidl-Stasi" Betroffenen Einsicht in die Protokolle der Detektive.

Entschuldigung in großformatigen Zeitungsanzeigen: Lidl gibt sich zerknirscht. (Foto: Foto: ddp)

"Jedem Mitarbeiter einer betroffenen Filiale bieten wir an, die vorhandenen Protokolle einzusehen, um zu erfahren, ob es überhaupt Aufzeichnungen über ihn gibt, und wenn ja, welche", teilte Geschäftsführungsmitglied Jürgen Kisseberth in Neckarsulm mit: "Den Mitarbeitern wird jene Passage vorgelegt, die sich mit ihrer Person beschäftigt." Im vergangenen Jahr seien in 219 der mehr als 2900 Lidl-Filialen in Deutschland Detektive eingesetzt worden, um Waren gegen Diebstahl zu sichern.

Das Unternehmen habe, so Kisseberth, seine Mitarbeiter deutschlandweit informiert, in welchen Filialen Detektive unterwegs waren. Die Einsichtnahme in die Protokolle sei zuvor rechtlich überprüft worden, um auszuschließen, dass der Einblick in die Daten rechtswidrig erfolge, sagte Kisseberth. "Wir werden weiterhin aufklären und unsere Mitarbeiter offen informieren."

Zuvor hatte sich Lidl in großformatigen Zeitungsanzeigen bundesweit bei der Belegschaft entschuldigt. Darin begründet das Unternehmen den Einsatz von Detekteien mit dem Schaden von rund 80 Millionen Euro, der jährlich durch Diebstahl entstehe. Der Vorwurf, durch Detekteien Mitarbeiter überwacht zu haben, "hat uns sehr betroffen gemacht", schreibt die Geschäftsführung in der in Tageszeitungen abgedruckten Anzeige. Wenn sich Mitarbeiter "in Misskredit gebracht und persönlich verletzt fühlen, so bedauern wir dies außerordentlich und entschuldigen uns ausdrücklich dafür".

Aufgabe der Detekteien sei es gewesen, Informationen zur Aufklärung von Diebstählen zu gewinnen. "In Einzelfällen wurden durch die Detekteien zusätzliche und teilweise auch persönliche Informationen über Mitarbeiter protokolliert - das war von uns so nicht gewollt", heißt es in der Anzeige weiter. "Aus den Vorfällen haben wir gelernt und werden zukünftig mit unseren Mitarbeitern gemeinsam die Firma vor Verlusten durch Diebstahl schützen."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert nach der Bespitzelungsaffäre mehr Datenschutz für Beschäftigte. DGB-Vize Ingrid Sehrbrock verlangte von Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) konkrete Schritte für ein Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz. Ein solches Gesetz sei überfällig, sagte sie in Berlin. Die Grünen-Verbraucherpolitikerin Ulrike Höfken rief die Lebensmittelkonzerne zu Auskünften über Sozialstandards auf.

© dpa/jja/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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