Süddeutsche Zeitung

Handel:Warum C&A Hilfe in Asien sucht

  • Die Eigentümer-Familie von C&A ist aktiv auf der Suche nach Investoren.
  • Dem Unternehmen geht es ganz offensichtlich schlecht, auch wenn C&A ein gutes Jahr 2017 hinter sich gebracht haben soll.

Von Michael Kläsgen

Um ein Brenninkmeijer zu sein, braucht man einen holländischen Pass, man muss katholisch sein, und das "ij" im Namen ist ein Muss. Daran wird sich auch nichts ändern, falls Chinesen die Modekette C&A oder einen Teil davon kaufen sollten. Die Brenninkmeijers sind aktiv auf der Suche nach Investoren.

Das am Sonntag verschickte Pressestatement der familiengeführten Cofra Holding lässt daran keinen Zweifel. Noch ist kein Name irgendeines Investors bekannt. Viele kämen infrage. Fosun etwa ist bereits an der Modemarke Tom Tailer beteiligt. Dass Fosun auch Interesse an C&A haben könnte, gilt als unwahrscheinlich. Insider wissen nur so viel: Es muss eine gute Wahl sein. Damit steht und fällt alles.

Einmal im Jahr, im Sommer, treffen sie sich und essen Mettinger Suppe

Für die 1841 von den Namensgebern Clemens und August Brenninkmeyer gegründete Modekette ist die Suche nach externer Hilfe eine Zäsur. Die Familie umfasst zwar mehr als 1000 Mitglieder, am Unternehmen wirken aber nur etwa 50 bis 60 Personen mit.

Sie haben den Namen ihrer Vorfahren inzwischen mit einem niederländischen "ij" statt des "ey" versehen. Sie heißen Maurice, wie der Chairman der Holding, oder Martijn wie der Board-Vorsitzende, Wolter, Stan, Edward, Louis und Martin. Es sind bis auf eine Frau nur Männer, die das Board bestücken. Sie bestimmen über die Zukunft einer der größten Modehäuser Europas und sie geben sich dabei stets traditionsbewusst.

Einmal im Jahr, im Sommer, trifft sich der Clan in Mettingen bei Münster, woher Clemens und August stammten. Dort wird auch Mettinger Suppe serviert. Viele Brenninkmeijers sind über die ganze Welt verstreut und haben eine weite Anreise.

Sie kennen Mettingen nur noch aus Erzählungen. "Nicht jeder von uns mag Mettingen", sagte Maurice Brenninkmeijer in einem der seltenen Interviews der Familie, und wahrscheinlich ist auch die Suppe nicht jedermanns Sache. Das Oberhaupt des verschwiegenen C&A-Clans hingegen meinte: "Das Essen ist großartig, allein unsere sagenumwobene Mettinger Suppe!". So zelebriert der Clan mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 20 Milliarden Euro Bodenständigkeit.

Dem Unternehmen geht es offensichtlich schlecht

Das erdverbunden Westfälische soll sicher auch bewahrt werden, wenn chinesischen Investoren das Unternehmen gehören sollte. Bescheidenheit ist Teil der DNA der Familie und wird auch von neutraler Seite mit entsprechenden Anekdoten verbürgt. Jetzt muss der zurückgezogen lebende Clan an die Öffentlichkeit. Dem Unternehmen geht es ganz offensichtlich schlecht, auch wenn C&A ein gutes Jahr 2017 hinter sich gebracht haben soll.

Eine neue Kollektion, ein optimierter Einkauf, eine Befragung von mehr als 1400 Kundinnen und überarbeitete Passformen sollen dazu geführt haben, dass bei C&A wieder mehr gekauft wurde. In Alain Caparros, vorher Chef beim Lebensmittelhändler Rewe, holten die Brenninkmeijers einen, der sich im hart umkämpften deutschen Einzelhandelsmarkt auskennt. Ein bisschen besser lief es also schon. Aber was heißt das schon?

Umsatz- und Ertragszahlen nennt das Unternehmen nicht. Aber so viel ist bekannt: Im Textileinzelhandel lässt sich nur sehr schwierig Geld verdienen. C&A tummelt sich im gleichen Markt wie Kik, Tchibo, Lidl und Aldi, TK Maxx, H&M oder Primark. Die Preise zeigen meist nach unten. Die Fachzeitschrift Textilwirtschaft bezifferte Erlöse inklusive E-Commerce in Deutschland für 2014 auf knapp drei Milliarden Euro.

Das sind die letzverfügbaren Zahlen. Die Modekette betreibt heute mehr als 1500 Filialen in 18 europäischen Ländern und beschäftigt mehr als 35 000 Mitarbeiter. C&A habe die Geschwindigkeit, mit der sich der Modehandel in Richtung Internet verlagere, unterschätzt, räumte der damalige Europa-Chef Philippe Brenninkmeijer Ende 2016 ein. "Wir sind in Bezug auf die Umsätze und die Profitabilität nicht dort, wo wir hinwollen", konstatierte er.

Die Familienmitglieder dürfen nicht vom Glauben abfallen. Das gilt in doppelter Hinsicht

In dem Buch von Mark Spoerer über die Geschichte der Brenninkmeijers kann man aber erahnen, dass die Familie auch diese Krise überwinden wird, so wie alle anderen in den sechs Generationen seit Gründung des Unternehmens. Basis für den wirtschaftlichen Erfolg war demnach stets die Einheit der Familie ("Unitas"). Die Erfordernisse von C&A gingen den Ansprüchen und Wünschen einzelner Familienangehöriger immer voran. So wird es wohl auch diesmal laufen, selbst wenn chinesische Investoren einsteigen werden. Die Einheit besteht weiterhin; sie scheint ungebrochen zu sein.

Den Brenninkmeijers ist es verboten, vom Glauben abzufallen. Das ist wörtlich so gemeint und auf den Katholizismus bezogen, gilt aber auch im übertragenen Sinne für C&A. Noch glaubt der Familienclan eisern an das Unternehmen.

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Quelle:
SZ vom 16.01.2018/hgn
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