Handel - Ayl:Video-Shopping: Schuhe zum Kleid auf dem Sofa aussuchen

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Ayl/Bad Kreuznach (dpa/lrs) - Videokonferenzen bei der Arbeit, mit Freunden und Verwandten - und beim Shoppen: In der Corona-Pandemie greifen Läden in Rheinland-Pfalz auf Videoanrufe zurück, um die Kunden virtuell ins Geschäft und die Ware zum Kunden nach Hause zu bringen. Das Schuhhaus Wagner in Bad Kreuznach bietet eine solche Videoberatung an. "Wir haben letztes Jahr damit angefangen, um unsere Kunden weiterhin zu sehen. Wie sonst eben auch im Geschäft", sagte Claudia Holbach, die das Familienunternehmen zusammen mit ihrer Schwester führt. Sie wolle weiterhin die "bestmögliche Beratung" anbieten können.

Das Schuhhaus Wagner erreichen laut Holbach täglich ein bis zwei Videoanrufe. Diese können die Kunden während der Öffnungszeiten über die Webseite starten oder aber einen Termin vereinbaren. Es seien Kunden darunter, die "einfach mal sehen wollen, wie das so funktioniert". Andere wiederum hätten ein Kleid zuhause und suchen den genau dazu passenden Schuh. Per Video können sich Holbach und ihr Team Stoff und Farbe anschauen und dementsprechend Modelle zeigen. Die Kunden können die Ware dann abholen oder sich im Umkreis von zwei Kilometern auch nach Hause liefern lassen.

Es seien vor allem Bestandskunden, die den zusätzlichen Service nutzen, sagte Holbac. Für die Unternehmerin ist die Videoberatung "mehr Imagewerbung" als ein wirtschaftliches Standbein. So könne sie zeigen: "Ich bin weiterhin für meine Kunden da", auch wenn es vor Ort mal nicht möglich sei. "Ich liebe es einfach mit meinen Kunden in Kontakt zu sein", sagte die 37-Jährige.

Die Plattform, die das Schuhhaus Wagner nutzt, stammt von einem Start-up aus dem beschaulichen Weinort Ayl im Landkreis Trier-Saarburg. Thomas Konz, Fabian Densborn und Kai Schenke haben eine Anwendung entwickelt, mit denen Geschäfte unkompliziert eine Videoberatung anbieten können. Die Idee dazu kam durch den Sport.

Der SV Tawern, dessen Fußballmannschaft Konz trainiert und bei der Densborn spielt, musste wie viele andere Vereine auch während der Pandemie nahezu komplett auf das Training verzichten. So entstand die Idee zu einem "digitalen Vereinshaus", berichtete Konz. Dessen Entwicklung wurde die Grundlage für "nextlevelshopping". Nach einem Gang durch die ausgestorbene Saarburger Innenstadt, in der zu dieser Zeit nahezu alle Geschäfte geschlossen hatten, beschlossen die Gründer, ihre Videoplattform auf den Einzelhandel zu übertragen.

Monatelang befand sich "nextlevelshopping" in der Testphase mit Testkunden, ehe die offizielle Gründung im März 2021 erfolgte. Die Anwendung, für dessen Entwicklung IT-Leiter Densborn zuständig ist, funktioniere mit jedem Handy oder Laptop, auf dem ein Browser installiert ist, erklärte Konz. Mit einem Klick baue sich eine komplett verschlüsselte Verbindung zu den Geschäften auf, die Eins-zu-Eins-Betreuung beginne. Dabei funktioniert die Videoberatung ähnlich wie eine herkömmliche Videokonferenzanwendung. An einer Bezahlfunktion arbeiten die Gründer noch.

Etwa 50 Kunden hat "nextlevelshopping" mittlerweile. Nicht nur Einzelhändler, die ihre Produkte zeigen wollen, gehören dazu, sondern unter anderem auch Autowerkstätten, die auf diese Art eine Beratung anbieten können. Zunächst seien sie "lokal in der Trierer Ecke angebunden" gewesen, sagte Konz. "Mittlerweile sind wir deutschlandweit tätig. Wir haben die Trierer Grenze bei Weitem überschritten." Die Gründer haben noch einiges vor: Der Vertrieb, für den Kai Schenke zuständig ist, soll in der nächsten Zeit deutlich ausgebaut werden.

Denn nicht nur während der Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie soll "nextlevelshopping" für Läden interessant sein. Auch danach sehen die Gründer Potenzial für den lokalen Einzelhandel. "Aussterbende Innenstände sind ja generell ein Thema", sagte Konz.

© dpa-infocom, dpa:210426-99-352320/2

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