Handel:2760 Pakete pro Sekunde

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Weltweit wurden 2018 doppelt so viele Warensendungen verschickt wie vor fünf Jahren, auch für Deutschland gibt es einen neuen Rekord.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Der Boom hat viele Jobs geschaffen, aber auch prekäre Verhältnisse. (Foto: Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa)

Immer mehr Bestellungen im Internet, immer mehr Arbeit für die Zusteller: Rechnet man alle Pakete, die in Deutschland im vorigen Jahr verschickt wurden, auf alle Einwohner herunter, dann kam jeder Bürger im Durchschnitt auf 42 Stück - so viele wie nie zuvor. So steht es im neuen "Parcel Shipping Index" des weltweit tätigen Postdienstleisters Pitney Bowes. Nur in Großbritannien und Japan klingeln die Paketboten demnach häufiger an den Türen als hierzulande.

"Es sind allerdings nicht nur die Online-Shopper, die die Branche stärken", sagt Burkhard Heihoff, Geschäftsführer von Pitney Bowes in Deutschland. Vielmehr zählt die Studie auch geschäftliche Pakete mit - beispielsweise Büromaterial, das Firmen sich zuschicken lassen.

Für den Index hat das US-Unternehmen 13 große Paketmärkte untersucht: Berichte von Behörden durchforstet, Geschäftszahlen und Mitteilungen der Paketdienste ausgewertet. Heraus kam eine Rekordzahl von 87 Milliarden Paketen, die weltweit im vergangenen Jahr versandt wurden - doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren. Das bedeutet: In jeder Sekunde tragen Zusteller auf der ganzen Welt 2760 Pakete aus.

Und die Autoren prognostizieren, dass sich die Menge in den nächsten sechs Jahren abermals verdoppeln werde - trotz vieler Handelskonflikte, Brexit-Wirren und anderer Unsicherheiten. Denn in sich entwickelnden Volkswirtschaften wie Indien haben die Menschen im Durchschnitt mehr Geld zur Verfügung; immer mehr Haushalte erhalten Zugang zum Internet - und damit auch zum Onlinehandel. In Brasilien und China wurden Pitney Bowes zufolge allein 2018 ein Viertel mehr Pakete verschickt als im Vorjahr.

Die Schattenseiten: Verpackungen, Emissionen, Arbeitsbedingungen

Von dem Wachstum profitieren Logistikkonzerne wie die Deutsche Post, UPS oder TNT. Auch der hiesige Paketmarkt konsolidiere sich: hin zu den großen Spediteuren, so die Autoren, "während kleine Anbieter einbrechen, geschluckt werden oder vom Markt verschwinden". So habe die Post-Tochter DHL im vorigen Jahr 47 Prozent aller Pakete hierzulande befördert, gefolgt von Hermes und UPS. DHL wachse seit 2014 konstant, heißt es in der Studie, "alle anderen großen Post- und Paketdienste haben in diesem Zeitraum stagniert oder sind sogar geschrumpft." Ein großer Vorteil der Post ist, dass auf dem Land ein und derselbe Bote Briefe und Pakete austrägt; so verteilen sich die Kosten jeder Fahrt.

Im Gegensatz zum Briefmarkt liefern sich hiesige Paketdienste einen harten Preiswettbewerb, vor allem in den Städten. Zu den Schattenseiten gehören freilich der Verpackungsmüll der vielen Pakete sowie die Emissionen der Transporter. Zudem hat der Boom zwar Zehntausende Arbeitsplätze geschaffen, aber auch viele prekäre Arbeitsverhältnisse mit Subunternehmern und niedrigen Löhnen. Nach Razzien des Zolls und der Bundespolizei haben die Behörden in diesem Jahr in einigen Tausend Fällen Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Arbeitgeber etwa den Mindestlohn unterschritten oder Fahrer aus dem Ausland illegal beschäftigt haben. Daher hat das Bundeskabinett im September ein Gesetz auf den Weg gebracht, wonach Paketdienste künftig für die Sozialversicherungsbeiträge ihrer Subunternehmer haften sollen.

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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