Süddeutsche Zeitung

Hamburg:Astra überradlert die Alsterwasser-Fans

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Verzweiflung im Norden: Die Hamburger Kult-Biermarke verkauft ihr Mischgetränk künftig nicht mehr als "Alsterwasser".

Von Angelika Slavik

In einer fremden Stadt kann man eine Menge falsch machen. In Wien zum Beispiel bestellt der kundige Tourist ein "Obi Leitung" oder ein "Obi g'spritzt", und bekommt dann wahlweise Apfelschorle mit oder ohne Kohlensäure. Bestellt er "Apfelschorle" bekommt er gar nichts, mal abgesehen von einem verächtlichen Blick vom Kellner. In Hamburg dagegen reicht sogar ein einziges Wort, um sich ins soziale Abseits schießen. Das Wort lautet: Radler.

Wer in Hamburg Bier mit Limo trinken will, bestellt Alsterwasser. Auf gar keinen, gar keinen Fall Radler. Schreckliche Dinge passieren, wenn man es falsch macht. Denn auch wenn bundesweit die Radler-Trinker in der Mehrheit sind, gibt es nicht umsonst wissenschaftliche Abhandlungen über den genauen Verlauf der Alsterwasser-Radler-Grenze: Was nördlicher liegt als Osnabrück und westlicher als Magdeburg ist strenge Alsterwasser-Zone. (Nur in Nordrhein-Westfalen sind sie sich nicht einig und trinken zur Sicherheit Altbier.)

Dieses fragile diplomatische Konstrukt wird in diesen Tagen nun gestört durch einen Vorstoß der Hamburger Kult-Bier-Marke Astra. Astra, historisch mitten auf dem Kiez zu Hause, gehört seit ein paar Jahren zum dänischen Brauerei-Konzern Carlsberg. Die Dänen haben die Radler-Alsterwasser-Sache offenbar bislang nicht in ihrer vollen Dimension erfasst, deswegen kamen sie zu dem Entschluss, dass man am Alsterwasser von Astra wirklich dringend mal was machen müsse. Tatsächlich bekommt Astras Mischgetränk bei den einschlägigen Kritikern meist ziemlich schlechte Noten, weswegen die Verbesserung der Rezeptur vermutlich keine norddeutsche Identitätskrise ausgelöst hätte. Die Idee, das Alsterwasser nun "Kiezmische" zu nennen und vorne als "fruchtiges, naturtrübes Radler" zu beschreiben, allerdings schon. Man wolle das Gebräu nun eben bundesweit vermarkten, heißt es bei dem Unternehmen. Und weil bundesweit die Radler-Trinker nun mal in der Mehrheit seien...

In den sozialen Netzwerken und in den lokalen Medien ist nun der Ärger groß - zumal sich "das Alster" damit langfristig wohl nicht mehr im Sprachgebrauch wird behaupten können. Denn mit Herrenhäuser nennt künftig nur noch eine einzige große Brauerei ihr Bier-Limo-Gemisch offiziell Alsterwasser. Und dabei steht Herrenhäuser doch in, jetzt bitte tapfer sein, Hannover. Hannover! Auf diesen Schreck ein kühles Blondes.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2017
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