Hacker gegen umstrittene Internet-Gesetze:Anonymous vs. Justin Bieber

In einem Video droht das Hackerkollektiv Anonymous erneut dem Weltkonzern Sony - und erstmals auch den Künstlern, die dort unter Vertrag stehen. Weil unter den möglichen Opfern auch der Teeniestar Justin Bieber ist, droht das eigentliche Ziel unterzugehen: Der Kampf um die Internetfreiheit in den USA.

Dirk von Gehlen

Wenn das Bild des Jahres 2011 das von Shepard Fairey adaptierte Obama-Poster des Change-Jahres 2008 ist, dann ist der Soundtrack des Jahres die Computerstimmen von Anonymous, mit deren Hilfe die gesichtslosen Aktivisten Nachrichten verbreiten. Die Stimme erklingt zum Beginn des neuen Jahres in Bezug auf den Stop Online Piracy Act (SOPA), der derzeit in Washington verhandelt wird.

Im November bereits hatten die umstrittenen Pläne zur Netzüberwachung in Amerika für heftige Diskussionen gesorgt. Internetfirmen wie Twitter, Facebook und eBay hatten sich damals von SOPA distanziert - und dies in einer ganzseitigen Anzeige in der New York Times zum Ausdruck gebracht. Der Webhoster GoDaddy hatte dazu zunächst eine anderen Einschätzung und bekam dafür mächtig Gegenwind aus dem Web zu spüren.

Dass dieser Wind jetzt zu einem Sturm werden könnte, kündigt die Anonymous-Computerstimme in diesem Video an, das seit einigen Tagen im Netz steht. Darin droht die lose Hacker-Vereinigung dem Weltkonzern Sony, der im vergangenen Jahr bereits ausführlichen Kontakt mit dem Thema Hacken hatte. Sony solle, so die Computerstimme, sich von den SOPA-Plänen aus Washington distanzieren, sonst drohe Ungemach. Und dieser erpresserische Hinweis wird sogleich ausgeweitet auf Künstler wie Lady Gaga, Kim Kardashian and Taylor Swift.

Damit dehnt Anonymous seine Aktivitäts-Spektrum aus: Nicht mehr nur vermeintlich böse gesichtslose Konzerne sind Ziel der Aktionen, sondern auch populäre Musiker. Dass dies durchaus zu Debatten im Netz führen wird, stellt man fest, wenn man einen weiteren Namen liest, den die Computerstimme nennt: Justin Bieber.

Der 17-jährige Sänger ist mit dem Begriff Teeniestar nur unzureichend beschrieben. Bieber ist vor allem ein Twitter-Star. Seine Gefolgschaft dort (aktuell 16.060.147 Follower) wird die Anonymous-Drohung, sollte sie denn in die Tat umgesetzt werden, sicher nicht unkommentiert und tatenlos anschauen.

Was passiert, wenn derartig unterschiedliche Netzkulturen aufeinander treffen, konnte man bereits im Herbst 2010 beobachten, als die Nutzer und Anhänger der beiden Websiten 4chan und Tumblr sich online bekämpften. Sollte es dazu in dem aktuellen Fall wieder kommen, kann man jetzt schon sicher sagen, wer der Verlierer der Auseinandersetzung sein wird: der notwendige Protest gegen die äußerst fragwürdigen SOPA-Pläne.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: