Ehec-Vorwürfe:EU hebt Warnung vor Gurken auf

Lesezeit: 2 min

Der Verdacht gegen spanische Gurken, Träger des Ehec-Erregers zu sein, soll die spanischen Bauern Millionen gekostet haben. Deshalb erwägt die Regierung in Madrid jetzt, gegen die Hamburger Behörden vorzugehen. Die EU hat die Warnung vor spanischen Gurken inzwischen aufgehoben und fordert von Deutschland schnellere Aufklärung.

Erst sollten die spanischen Gurken schuld sein an den Darminfektionen, jetzt sind sie es doch nicht. Deshalb hat die EU-Kommission jetzt die europaweite Warnung vor spanischen Gurken im Zusammenhang mit EHEC-Erkrankungen aufgehoben.

Wie er nach Deutschland kam, ist unklar, jedenfalls nicht auf spanischen Salatgurken: Der Ehec-Erreger unterm Eletronenmikroskop. (Foto: dpa)

Man habe den Warnhinweis im europäischen Schnellwarnsystem entfernt, teilte ein Kommissionssprecher in Brüssel mit: "Die jüngsten Ergebnisse haben gezeigt, dass das spanische Gemüse nicht verantwortlich für den Ausbruch von EHEC in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten ist."

Falls ein Staat kontaminierte Lebensmittel entdeckt, kann er über das europäische Schnellwarnsystem für Nahrungs- und Futtermittel (RASSF) eine entsprechende Mitteilung an die anderen EU-Länder geben. Deutschland hatte das vor wenigen Tagen getan. Zuvor waren in Hamburg auf Salatgurken aus Spanien EHEC-Erreger entdeckt worden. Laboranalysen ergaben mittlerweile jedoch, dass die Keime nicht zu der Art gehören, die die Welle von Infektionen ausgelöst hatten.

Spanische Regierung prüft rechtliche Schritte

Spanische Bauern fühlen sich durch die deutsche Vorgehensweise verunglimpft. Weil deutsche Behörden sie öffentlich für die Ehec-Infektionsquelle verantwortlich machten, denkt die Regierung in Madrid über Schadensersatzforderungen nach.

Spanische Bauernverbände beziffern die Verluste, die ihre Mitglieder durch Einfuhrverbote und Imageschaden erlitten haben, auf 200 Millionen Euro pro Woche. Madrid schließe auch rechtliche Schritte gegen die Behörden in Hamburg nicht aus, weil sie die Qualität spanischer Produkte in Frage gestellt hätten, sagte der spanische Vizeregierungschef Alfredo Pérez Rubalcaba in einem Interview mit dem Radiosender Cadena Ser.

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Spanien nicht der Ausgangspunkt der Ehec-Darminfektionen gewesen sein könne. "Ein Erreger dieser Art war in Spanien noch nie aufgetreten", sagte Rubalcaba. "Das heißt, es gibt die Bakterie hier in Spanien nicht. Und wenn es sie hier nicht gibt, ist die Krankheit auch nicht von Spanien ausgegangen." Er sprach sich auch für eine Imagekampagne für Spaniens Früchte und Gemüse aus, um deren Ruf zu verbessern. In Anspielung auf die Vorwürfe aus Deutschland sagte er: "Unter dem Mantel des Nationalismus versteckt sich oft der Wettbewerb zwischen Produkten."

Auch auf EU-Ebene will Spanien Entschädigungen für alle europäischen Landwirte durchsetzen, die wegen der tödlichen Ehec-Seuche Verluste machen. Das hatte Agrarministerin Rosa Aguilar bereits am Dienstag bei einem Treffen mit EU-Kollegen im ungarischen Debrecen gesagt. Spaniens Gemüse sei schließlich sicher, sagte sie.

Hamburger Forscher und Behörden hatten in der vorigen Woche zunächst Ehec-Erreger auf Gurken aus Spanien festgestellt. Am Dienstag gab die Gesundheitsbehörde der Stadt bekannt, dass die Keime, die für die schweren Darminfektionen verantwortlich sind, auf keiner der vier untersuchten Gurken gefunden wurden. Diese Erkenntnisse bestätigte auch das Bundesinstitut für Risikobewertung am Mittwoch.

Andere deutsche Behörden reagieren auf die neuen Testergebnisse: Während das Land Nordrhein-Westfalen die Importbeschränkungen für spanische Gurken bald aufheben will, verteidigt das Bundesverbraucherschutzministerium die Warnung. Die Hamburger Behörden hätten gemäß geltender Vorschriften gehandelt, sagte ein Sprecher in Berlin. Angesichts der potentiellen Risiken sei eine schnelle, öffentliche Warnung angebracht gewesen. Denn alle Produkte, die mit Ehec-Keimen belastet seien, müssten grundsätzlich vom Markt genommen werden, um Verbraucher zu schützen - und zwar unabhängig davon, um welchen konkreten Erregertyp es sich handele.

Spanien ist wütend auf die deutschen Gesundheitsbehörden, die EU wird ungeduldig: Gesundheitsexperten aller 27 EU-Regierungen erwarten schnelle Aufklärung von Deutschland. In ihrer Mitteilung, die nach einem Treffen in Brüssel veröffentlicht wurde, heißt es, die Behörden würden, "ermutigt, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um so rasch wie möglich alle Ursachen für den Ausbruch der Krankheit und den Weg der Infektionen festzustellen". Auf EU-Ebene würden alle nötigen Maßnahmen ergriffen, "sobald die Ursachen für die Infektionen vollständig feststehen".

In der Mitteilung heißt es auch, die EU rechne neun Todesopfer eindeutig dem Ehec-Keim zu. Die Untersuchungsergebnisse von fünf weiteren Todesfällen in Deutschland stünden noch aus.

© sueddeutsche.de/dpa/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Angst vor Ehec in München
:"Rohkost? Ab in den Müll!"

Alles Gemüse in den Müll oder nochmal waschen und doch noch auf den Tisch? Wie reagieren die Münchner auf den Ehec-Skandal? Ein Rundgang über den Viktualienmarkt.

Ingrid Fuchs

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: