Süddeutsche Zeitung

Grundsteuerreform:Merkel macht Druck - Regierungsfraktionen bremsen

  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet, dass der Gesetzentwurf kommenden Mittwoch ins Bundeskabinett kommt.
  • Aus den Bundestagsfraktionen hieß es dagegen übereinstimmend, es gebe keine Einigung. Sie verlangen, den Gesetzesvorschlag vor der Kabinettsbefassung noch zu beraten.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

In die Bemühungen zur Reform der Grundsteuer ist überraschend Bewegung gekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet, dass der Gesetzentwurf kommenden Mittwoch ins Bundeskabinett kommt. "Wir werden in der nächsten Woche mit großer Wahrscheinlichkeit, sag ich mal, einen Gesetzentwurf vorstellen, der dann noch schwierige parlamentarische Beratungen und Beratungen im Bundesrat hat", sagte Merkel am Freitag bei der Jahresversammlung des Deutschen Mieterbundes in Köln.

Aus den Bundestagsfraktionen hieß es dagegen übereinstimmend, es gebe keine Einigung. "Ich halte es für gut möglich, dass sich der Koalitionsausschuss am Sonntag damit befasst", sagte Rolf Mützenich, kommissarischer Chef der SPD-Fraktion. Unionskollege Ralph Brinkhaus sagte: "Da muss noch gearbeitet werden." Beide Fraktionen verlangen, den Gesetzesvorschlag vor der Kabinettsbefassung zu beraten. Das Gesetz werde wohl nicht am kommenden Mittwoch ins Kabinett eingebracht, hieß es aus beiden Fraktionen; das werde sich noch etwas verzögern. Man werde sich "nicht von Bayern erpressen lassen".

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte am Mittwoch vergangener Woche mit Politikern der CSU nach einem Kompromiss gesucht. Er will, dass die Steuer auch künftig vom Wert der Immobilie abhängen soll. Bayern hatte dagegen sein Veto eingelegt und verlangt, eine Klausel in das Bundesgesetz zu schreiben, die es den Ländern ermöglicht, abweichende Regelungen zu treffen, etwa die Steuer nach der Fläche zu berechnen.

Die Länder hatten den Druck auf Scholz deutlich erhöht. "Die Finanzminister haben darauf gedrängt, dass der Bund endlich den Gesetzgebungsprozess startet", sagte Hessens Ressortchef Thomas Schäfer (CDU). "Das wollen wir unterstützen." Brandenburgs Finanzminister warnte vor der Öffnungsklausel. Bayern versuche "mit seiner Geiselnahme sämtliche anderen Länder und den Bund zu erpressen, einer Lösung zuzustimmen, die den Solidargedanken innerhalb des Bundesrepublik de facto zur Disposition stellt", sagte Christian Görke (Die Linke).

Der bisherige Kompromiss sieht vor, dass Scholz seinen Vorschlag der wertabhängigen Grundsteuererhebung als Bundesgesetz verabschiedet. Es soll aber die umstrittene Öffnungsklausel enthalten. Dazu muss das Grundgesetz geändert werden: um die Klausel einzubauen und um das Bundesgesetz sicher zu machen. Das geht nur mit Grünen und FDP. Die Liberalen fordern für ihre Zustimmung einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer. Die Grünen wollen die Umlage der Grundsteuer auf die Mieter kippen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Berlin beauftragt, die Grundsteuer bis Ende 2019 zu reformieren. Ansonsten müssten die Kommunen auf rund 14 Milliarden Euro verzichten.

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SZ vom 15.06.2019/lüü
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