Süddeutsche Zeitung

Immobilien:Union warnt vor "bürokratischem Wahnsinn" bei der Grundsteuer

  • In der großen Koalition gibt es Streit über die geplante Reform der Grundsteuer.
  • Die Union warnt vor unnötiger Bürokratie und höheren Mieten - und verlangt von Olaf Scholz (SPD) deshalb einen neuen Vorschlag.
  • Doch der Finanzminister beharrt auf seinem Modell, das sei "verfassungsfest, sozial gerecht und fair".

Von Robert Roßmann und Mike Szymanski, Berlin

In der großen Koalition bahnt sich ein neuer Konflikt an. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) beharrt trotz des entschiedenen Widerstandes der Union auf seinem Modell zur Änderung der Grundsteuer. Scholz sagte der Süddeutschen Zeitung, er habe "bei aller Kritik, die ich höre, weiterhin den Eindruck, dass das wertabhängige Modell überzeugt: es ist verfassungsfest, sozial gerecht und fair". Der Finanzminister will die Höhe der Grundsteuer vom Bodenwert und der Nettokaltmiete abhängig machen. Sie würde deshalb für Wohnungen in Städten wie Hamburg oder München deutlich höher ausfallen als für entsprechende Wohnungen etwa in der Uckermark oder im Bayerischen Wald.

Die Union lehnt dieses Modell ab. Sie ist der Ansicht, dass es in Regionen mit ohnehin schon hohen Mieten zusätzlich preistreibend wirken würde. Derzeit können Wohnungseigentümer die Grundsteuer im Rahmen der Nebenkostenabrechnung auf die Mieter umlegen. Außerdem bemängelt die Union den bürokratischen Aufwand des Scholz-Modells. Es müsste für jede einzelne Wohnung die Nettokaltmiete ermittelt werden. Und bei von Eigentümern selbst genutzten Wohnungen müsste mit Hilfe von Datenbanken sogar eine fiktive Nettokaltmiete berechnet werden. "Das wäre ein ziemlich bürokratischer Wahnsinn", sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef Carsten Linnemann der SZ.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Bemessung der Grundsteuer in ihrer aktuellen Form für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, sie bis Ende 2019 neu zu regeln. Die Steuer bringt etwa 14 Milliarden Euro jährlich ein. Scholz sagte, er sei trotz des Widerstands der Union "zuversichtlich, dass wir bis Dezember die Reform der Grundsteuer hinkriegen werden". Schließlich gehe es um "die wichtigste Einnahmequelle für die Kommunen". Am kommenden Montag werde es deshalb "eine erste Arbeitssitzung mit den Finanzministerinnen und Finanzministern der Länder" geben. Man sei "auf einem guten Weg".

Das sieht die Unionsfraktion im Bundestag jedoch anders. Sie will den Scholz-Vorschlag nicht mittragen. Unionsfraktionsvize Andreas Jung forderte den Finanzminister in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf, einen neuen Vorschlag vorzulegen. Die Unionsfraktion favorisiert ein wertunabhängiges Modell, das im Wesentlichen auf den Flächen von Grundstück und Wohnung basiert.

Eigentümer sollen die Grundsteuer nicht mehr umlegen dürfen, schlägt die SPD vor

Auch die CSU hat sich klar gegen das Scholz-Modell ausgesprochen. Auf einer Klausur in Kloster Seeon Anfang Januar haben ihre Bundestagsabgeordneten ein Papier zur Wohnungspolitik beschlossen. Darin heißt es: "Wir wollen eine einfache und faire Grundsteuer", Wohnen müsse "günstiger und nicht teurer werden". Die Grundsteuerreform müsse "deshalb zwingend aufkommensneutral erfolgen". Dafür sei das "wertunabhängige Einfach-Grundsteuermodell" die beste Lösung: Demnach solle die künftige Grundsteuer "auf möglichst wenigen Kriterien beruhen, damit sie sowohl für die Bürger und Unternehmer als auch für die Verwaltung einfach handhabbar ist". Außerdem solle sie "ausschließlich nach physikalischen Größen, nämlich Grundstücksgröße und Wohn- oder Nutzfläche, ermittelt werden". Diese Größen seien "nicht streitanfällig". Außerdem würde dadurch "in Zeiten steigender Immobilienpreise eine Steuererhöhung durch die Hintertür" vermieden - anders als in einem Modell, in dem die Miethöhe berücksichtigt wird.

Damit Mieter durch die neue Grundsteuer nicht belastet werden, schlägt die SPD inzwischen vor, dass die Grundsteuer künftig nicht mehr vom Eigentümer auf den Mieter umgelegt werden darf. Aber auch das wird von der Union abgelehnt. Sie hält diesen Vorschlag für kontraproduktiv. Ihrer Ansicht nach würden Eigentümer dann zum Ausgleich die Kaltmiete erhöhen. Dies führe dann zu einem Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete und gebe damit allen Vermietern größeren Spielraum für Mietsteigerungen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4282447
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/jps
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.