Süddeutsche Zeitung

Grundsatzurteil:Riskante Zinswetten

Seit Jahren streiten nordrhein-westfälische Kommunen um Schadensersatz aus riskanten Zinswetten, die ihnen die damalige West-LB vermittelt hatte. Nun hat der Bundesgerichtshof einige Grundsatzfragen geklärt.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Seit Jahren streiten nordrhein-westfälische Kommunen um Schadensersatz aus riskanten Zinswetten, die ihnen die damalige WestLB vermittelt hatte - nun hat der Bundesgerichtshof einige Grundsatzfragen geklärt. Der BGH hob ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf, das zugunsten der Stadt Ennepetal entschieden hatte, die inzwischen aufgelöste WestLB habe damals ihre Beratungspflichten verletzt. Ob die Stadt nun einen Anspruch auf Schadensersatz hat, muss das OLG in einem neuen Prozess entscheiden; ihre Aussichten dürften nach dem BGH-Urteil gesunken sein. (Az: XI ZR 378/13)

Ennepetal hatte zwischen 2006 und 2008 vier sogenannte Zinssatz-Swap-Verträge mit der WestLB geschlossen, bei denen Gewinn oder Verlust von der Entwicklung verschiedener Zinssätze und Wechselkurse abhängt. Über den anfänglichen negativen Marktwert der Verträge hatte die Bank nicht aufgeklärt - worin die Kommune eine Verletzung von Beratungspflichten sah. Der BGH pflichtete der Stadt grundsätzlich darin bei, dass Banken zumindest bei reinen Zinswetten ihre Kunden über einen negativen Marktwert hätten informieren müssen. Etwas anderes gilt nur bei weniger riskanten Swapverträgen, die lediglich der Absicherung gegen Zins- und Währungsrisiken dienen. Für die übrigen klagenden Kommunen - es sollen 40 bis 50 sein - ist dies ein hoffnungsvolles Signal, auch wenn die Gerichte dies nun in jedem Einzelfall werden prüfen müssen.

Im konkreten Fall könnte die Klage aber daran scheitern, dass Ennepetal eine Art Rosinenpickerei betrieben hat: Die Stadt wollte nur die verlustreichen, nicht aber die gewinnbringenden Verträge rückabwickeln. Aus Sicht des BGH könnte dies dafür sprechen, dass sie die Verträge auch in Kenntnis des negativen Marktwerts abgeschlossen hätte.

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Quelle:
SZ vom 29.04.2015
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