Grundsatzurteil:Bei Spielsucht Geld zurück

Spielsüchtige müssen künftig durch genauere Kontrollen wirksamer von Spielcasinos ausgeschlossen und damit vor Verlusten geschützt werden. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Wer trotz einer freiwilligen Sperre ins Casino gelangt, kann nach dem Urteil unter bestimmten Voraussetzungen das verspielte Geld zurückfordern, entschied das Karlsruher Gericht.

Grundsatzurteil: Auch an Automaten sind schnell ein paar tausend Euro verzockt.

Auch an Automaten sind schnell ein paar tausend Euro verzockt.

(Foto: Foto: dpa)

Mit dem Grundsatzurteil verpflichtete der BGH erstmals eine Spielbank zur Erstattung von Verlusten. 1996 hatte ein anderer Senat des BGH eine Rückzahlung an gesperrte Spieler noch abgelehnt. Ob den Casinos künftig generelle Ausweiskontrollen zumutbar sind, ließ das Gericht aber offen.

Damit gab der BGH den Klagen zweier Spieler-Frauen gegen den nordrhein-westfälischen Spielbankbetreiber WestSpiel auf Rückzahlung mehrerer tausend Euro statt. Die spielsüchtigen Männer aus Bielefeld und Schwerte hatten gegenüber WestSpiel schriftlich eine "Selbstsperre" erklärt, dann jedoch in den Automatenspielsälen des Casinos Dortmund-Hohensyburg - wo zwar Warnschilder hingen, aber nicht kontrolliert wurde - 5100 beziehungsweise 4000 Euro an einem Abend verzockt. (Az: III ZR 65/05 u.66/05 vom 15. Dezember 2005)

Laut BGH sind Spielbanken "im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren" dazu verpflichtet, solche Selbstsperren zu überwachen und durchzusetzen. Mit der Sperrerklärung seien sie vertraglich verpflichtet, den Spieler möglichst vor den befürchteten Schäden seiner Spielsucht zu bewahren.

Der III. Zivilsenat ließ aber ausdrücklich offen, ob die Spielbanken künftig auch in den Automatensälen - dem so genannten Kleinen Spiel - die Ausweise kontrollieren müssen. Jedenfalls in diesen beiden Fällen wäre der Spielbank dies ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen. Denn die Spieler hatten sich per Telecash-Gerät in der Spielbank Nachschub von ihrem Konto geholt. Weil diese Geräte vom Spielbank-Personal bedient werden, hätten sich die Angestellten laut BGH den Ausweis vorlegen lassen können.

Personenkontrollen sind bisher nur beim Großen Spiel (etwa Roulette und Black Jack), nicht aber beim Kleinen Spiel vorgeschrieben. Ilona Füchtenschnieder vom Fachverband Glücksspielsucht bezeichnete das Urteil als einen "ersten wichtigen Schritt". Sie plädierte allerdings für generelle Zugangskontrollen bei Spielcasinos - auch fürs Kleine Spiel.

Denn an den Automaten könne man an einem einzigen Abend mehrere 10 000 Euro verlieren.

Auch die Innenministerkonferenz hatte sich vergangenes Jahr für eine Ausweiskontrolle beim Kleinen Spiel ausgesprochen, eine Umsetzung scheitere bisher aber an den Finanzministern. Bayern will die Kontrolle 2008 einführen.

Im vergangenen Jahr verzeichneten die 79 deutschen Spielbanken einen Ertrag von gut 950 Millionen Euro; mehr als drei Viertel davon stammen aus den Automaten. Das Karlsruher Urteil betrifft allerdings nicht Geldspielautomaten in gewerblichen Spielhallen oder Gaststätten, bei denen deutlich geringere Verluste drohen.

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