75 Jahre Grundgesetz:Ein Evergreen des Buchmarktes

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(Foto: SZ, Imago Images)

Das Grundgesetz ist nicht gerade ein Thriller - und zudem auch kostenlos erhältlich. Es verkauft sich trotzdem gut. Und das hat viele Gründe.

Von Caspar Busse

Ein Buch, das so spannend ist, dass man jede Zeile auf jeder Seite liest und es erst ganz am Schluss aus der Hand legen kann? Es heißt im Englischen schlicht Pageturner. Davon gibt es viele, ganz sicher nicht dazu gehört das Grundgesetz. Ein Thriller, den man in einem verschlingt, liest sich dann doch anders als dieser doch eher sachlich gehaltene Gesetzestext. Und wie die Geschichte ausgeht, weiß man auch.

Bei Hugendubel am Münchner Marienplatz muss man das Büchlein dann auch etwas suchen. Es steht versteckt ganz oben in der Abteilung "Wirtschaft und Recht", von der Rolltreppe kommend links in der Ecke - zwischen dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Strafgesetzbuch. Zwei verschlungene 'Gs' in Blau und Grün finden sich auf dem ansonsten doch sehr schlicht gehaltenen Cover. 9,90 Euro kostet das kleine weiße Taschenbuch aus dem renommierten C. H. Beck-Verlag aus München-Schwabing, fünf Exemplare sind gerade vorrätig.

Und doch kann man auch 75 Jahre nach dem Ersterscheinen wohl von einem Evergreen sprechen. Das Grundgesetz erscheint bei Beck nun schon in der 53. Auflage, mit weiteren ist fest zu rechnen. Man verkaufe bundesweit immerhin rund 1500 Stück im Jahr, sagt eine Hugendubel-Sprecherin. Das Grundgesetz werde "im Markt weiterhin stark nachgefragt", teilt auch der Beck-Verlag mit. Von den Gesetzessammlungen, Kommentierungen und Handbüchern zum Grundgesetz gibt es regelmäßig Neuauflagen. Die Gesetzessammlungen richten sich an alle Zielgruppen, die Kommentare werden vor allem von spezialisierten Kanzleien, Gerichten, Behörden und von der Wissenschaft nachgefragt. "Unsere Veröffentlichungen zum Grundgesetz sind seit Langem ein wichtiger Baustein unseres Verlagsprogramms", sagt ein Beck-Sprecher.

Die Sprache ist "von literarischem Rang", sagte ein ehemaliger Verfassungsrichter

Wie hoch die Gesamtauflage des Grundgesetzes in den vergangenen 75 Jahren war? Unbekannt. Aber in vielen deutschen Haushalten wird sich irgendwo ein Exemplar finden lassen. 74 Seiten umfasst das eigentliche Grundgesetz, es besteht auch aus mehr als den bekannten Grundrechten der Artikel 1 bis 19. Und es ändert sich auch immer, zuletzt wurde zum Beispiel Artikel 87a eingefügt, der das Sondervermögen der Bundeswehr in Höhe von hundert Milliarden Euro regelt.

Amtliche Texte wie das Grundgesetz unterliegen dabei keinem Urheberrechtsschutz. Sie sind "gemeinfrei", so der Fachausdruck, sie stehen damit der Allgemeinheit frei zur Verfügung. Jeder darf den Text des Grundgesetzes, wie er im Bundesgesetzblatt steht, also drucken und vertreiben. Das tun neben Beck auch viele andere Verlage. Es gibt auch Versionen für Kinder und Schüler. Bei der Bundeszentrale für politische Bildung kann man Exemplare kostenfrei bestellen, bis zu einer halben Million werden im Jahr verschickt. Online ist ein PDF abrufbar, übrigens auch in türkischer, arabischer oder russischer Sprache. Anmerkungen und komplizierte Kommentare zu den einzelnen Artikeln des Grundgesetzes unterliegen dagegen sehr wohl dem Urheberrecht.

Einige können sich auch richtig über den Text begeistern, vor allem über seine Verständlichkeit und klaren, einfachen Bekundungen großer Werte. Udo di Fabio, Jurist und ehemals Richter beim Bundesverfassungsgericht, schreibt in seinem Vorwort in der Ausgabe des Beck-Verlags "Die Sprache der Verfassung ist nicht nur in der Präambel von literarischem Rang."

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