Grüne Woche:Miteinander reden

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Die einen protestieren, die anderen fühlen sich häufig missverstanden: Die 85. Grüne Woche in Berlin soll zur Bühne werden, die Bauern und Verbraucher in Deutschland einander näherbringt. Aber geht das überhaupt?

Von Benjamin Emonts, München

Die Internationale Grüne Woche fällt in diesem Jahr in eine turbulente Zeit. Verbraucher werfen Landwirten vor, auf Kosten von Umwelt und Tieren zu wirtschaften. Die Bauern wiederum wehren sich bei öffentlichen Protesten gegen die Vorwürfe, sie fühlen sich missverstanden und gegängelt. Die Debatte zum Klima- und Umweltschutz schwebt über allem.

Die Veranstalter der 85. Grünen Woche, die an diesem Freitag in den Berliner Messehallen am Funkturm beginnt, wünschen sich deshalb "Diskussionen auf Augenhöhe", einen kritischen, aber konstruktiven Austausch zwischen Landwirten und Verbrauchern. Die Messe solle, so heißt es, eine "faire Bühne" dafür bieten. "Wir sind Zentrum der gesellschaftlichen Diskussion", sagte Messechef Christian Göke am Mittwoch in Berlin. Die Debatte um das Klima beschäftige die Messe stärker als je zuvor. Es sei richtig, sie hier zu führen.

1800 Aussteller aus mehr als 60 Ländern werden in Berlin erwartet

Die Landwirte plagen indes unklare Zukunftsaussichten und gesunkene Einkünfte, wie Bauernpräsident Joachim Rukwied betonte. Eine Umfrage für den Deutschen Bauernverband ergab, dass nur jeder dritte Bauer im nächsten halben Jahr in seinen Betrieb investieren will. Viele fragten sich, wie es mit der Tierhaltung weitergehe und wie die künftige EU-Förderpolitik aussehe, sagte Rukwied. "All dies verunsichert uns."

Die vierteljährliche Konjunkturumfrage des Verbandes lieferte das schwächste Ergebnis seit mehr als drei Jahren, die Erwartungen der Bauern fielen sogar auf den tiefsten Wert der vergangenen zehn Jahre. Schuld seien vor allem gesunkene Erzeugerpreise bei Getreide, Milch, Rindern und Strom. Bio-Bauern, die für die Agrarwende einstehen, forderten vor der Messe zu mehr Dialog innerhalb der Branche auf. Ähnlich wie die gesamte Gesellschaft seien Bauern zunehmend gespalten, sagte Felix Prinz zu Löwenstein, der Vorsitzende des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Ein breites Bündnis hat für Samstag eine Großdemo für die Agrarwende am Brandenburger Tor angekündigt. Auch Bauern werden daran teilnehmen.

Weitaus zufriedener zeigte sich die Ernährungsindustrie, die sich ebenfalls auf der Messe präsentiert. In Deutschland konnte die Branche um 1,8 Prozent auf 122,2 Milliarden Euro Umsatz zulegen, wie die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie mitteilte. Die Branche wolle auf der Messe zeigen, wie Lebensmittel nachhaltiger produziert werden können, sagte Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff. Der Lobbyist wünscht sich auch mit Blick auf die Messe, dass die Verbraucher und die Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) auch die Ernährungsindustrie "als wertschätzungswürdig" erkennen.

Die Grüne Woche bietet dazu eine weltweit beachtete Bühne. Bis zum Abschlusstag am 26. Januar werden auf der Messe in Berlin etwa 400 000 Besucher erwartet. Ein Rekord ist schon sicher: Laut Veranstalter werden erstmals 1800 Aussteller aus Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau erwartet. Niedersachsen hat als Agrarland Nummer eins in Deutschland wieder eine eigene Halle auf der internationalen Messe.

© SZ vom 16.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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