In Deutschland werden jedes Jahr 24 Millionen neue Smartphones verkauft, hat die Deutsche Umwelthilfe ausgerechnet. Weltweit waren es im vergangenen Jahr 1,4 Milliarden Geräte. Viele Kunden kaufen alle zwei bis drei Jahre ein neues Handy. Oft rechtfertigen sie ihren schnelllebigen Technikkonsum damit, dass die Anschaffung eines Neugeräts schlicht billiger sei, als das alte reparieren zu lassen. Vor allem haben auch die Hersteller ein Interesse daran, viel zu verkaufen, aber tatsächlich ist eine Reparatur oft aufwendig, manchmal unmöglich: Es gibt keine Ersatzteile, oder die Geräte sind so verklebt, dass sie beim Auseinanderbauen endgültig kaputt gehen.
In einem Antrag der Grünen im Bundestag, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, fordert die Fraktion nun ein "Recht auf Reparatur" für Elektrogeräte - von der Waschmaschine bis zum Smartphone. So soll die wachsende Masse Elektroschrott eingedämmt werden. "Nutzerinnen und Nutzer sollten grundsätzlich das Recht und die Möglichkeit haben, Elektrogeräte, die sie erworben haben, frei zu verwenden und selbst zu reparieren beziehungsweise reparieren zu lassen", heißt es in dem Antrag. Dafür müssten Elektrogeräte so gebaut sein, dass sie reparaturfähig seien. Wichtige oder besonders anfällige Komponenten wie Akkus dürften nicht fest verbaut sein, Ersatzteile und Reparaturanleitungen müssten verfügbar sein.
Aber nicht nur Hardware, auch Software soll dem Antrag zufolge in das Recht auf Reparatur einbezogen werden: "So müssen, auch im Sinne der IT-Sicherheit, Informationen darüber verfügbar sein, wie lange Softwareupdates für Elektrogeräte bereitgestellt werden." Zudem sollen nach dem Ende des Supports für ein Gerät der Softwarecode freigegeben werden. "Die Hersteller von Elektrogeräten wollen wir dafür stärker in die Pflicht nehmen", so Tabea Rößner, Sprecherin Netzpolitik und Verbraucherschutz der Grünen-Bundestagsfraktion.
Neue Ökodesign-Richtlinie reicht nicht
Auf EU-Ebene gibt es zwar bereits eine im Oktober überarbeitete Richtlinie, die von 2021 an gelten soll. Nach dieser sogenannten Ökodesign-Richtlinie müssen Hersteller von bestimmten Elektrogeräten wie Waschmaschinen, Kühlschränken und Fernsehern Ersatzteile und Anleitungen an alle und nicht nur an firmeneigene Werkstätten liefern. Auch müssen sie bestimmte Ersatzteile sieben bis zehn Jahre lang Kunden zur Verfügung stellen. Doch die EU-Richtlinie geht den Grünen nicht weit genug. Sie beschränke sich auf Haushaltsgeräte und Displays und schließe die ressourcenintensiven, schnelllebigen Handys, Tablets und Computer nicht mit ein.
Zudem fordern die Grünen, dass die Bundesregierung Informationspflichten über die Mindestnutzungsdauer von Elektrogeräten sowie ein Label einführt, das kenntlich macht, wie lange Ersatzteile und Softwareupdates zur Verfügung gestellt werden. Nach Ablauf dieser Frist sollen die Hersteller Bauanleitungen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. "So können Nutzerinnen und Nutzer Ersatzteile zum Beispiel per 3-D-Druck selbst herstellen und ihre Geräte so instand halten und warten", sagt Rößner.
Zudem müsse die Regierung den Begriff der "fahrlässigen Obsoleszenz" definieren, zum Beispiel als Weigerung eines Herstellers, Ersatzteile oder Softwareupdates zur Verfügung zu stellen, und dies mit einem Bußgeld belegen. Auch soll nach schwedischem Vorbild nur der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Reparaturdienstleistungen erhoben werden.
Die Forderungen nach einem "Recht auf Reparatur" vertraten hierzulande bislang vor allem Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen. Noch im November 2018 war im Petitionsausschuss des Bundestages mit den Stimmen der Union, SPD, AfD und FDP beschlossen worden, eine Petition zum "Recht auf Reparatur" nicht weiter zu behandeln. Sie befanden, dass gesetzgeberisches Handeln nicht nötig sei, weil auf EU-Ebene an der Ökodesign-Richtlinie gearbeitet werde. Zudem sei eine lange Nutzungsdauer nicht immer wünschenswert.
In den USA gibt es das "Recht auf Reparatur" bereits, zumindest in einigen US-Bundesstaaten für Autos. Mehrere Bundesstaaten wollen mit Gesetzen erreichen, dass Hersteller auch Ersatzteile für Smartphones, Tablets und andere Elektrogeräte an unabhängige Werkstätten verkaufen müssen. Mittlerweile ist das Vorhaben auch im US-Repräsentantenhaus angekommen.