Fast 100 Start-ups haben sich am Gipfelstürmer-Gründerwettbewerb des Wirtschaftsgipfels der Süddeutschen Zeitung beteiligt. Die Auswahl ist der Jury nicht leicht gefallen. Acht junge Unternehmen haben es ins Finale in Berlin geschafft, wo am Freitag von etwa 16 Uhr an von den Teilnehmern des Kongresses der Gipfelstürmer gekürt wird. Der Pitch wird live übertragen auf sz-wirtschaftsgipfel.de/live .
Polyurethan ist ein Kunststoff, der im Schaum von Matratzen und in der Isolation von Kühlschränken steckt. Recht triviale Produkte im Vergleich zu dem, was Heike Heckroth, 44, vorhat. Die Chemikerin ist Mitgründerin von Adhesys Medical. Die Firma entwickelt einen auf Polyurethan basierten Klebstoff, um Wunden auf der Haut und im Körper zu verschließen. Alles begann vor gut zehn Jahren. Da schaute sich die Kunststoff-Sparte des Chemiekonzerns Bayer nach neuen Geschäftsfeldern um. Heckroth entwickelte chirurgische Klebstoffe. Auch Kleber aus dem Baumarkt basieren häufig auf Polyurethan. Auf der Packung steht meist, dass die Bruchstelle trocken und fettfrei sein muss. "Wunden sind genau der Gegenteil", sagt Heckroth. "Ich weiß nicht, wie viele Kilo Steaks ich ins Labor getragen haben, um den Kleber auszuprobieren." Bayer stellte 2012 die Entwicklung ein. Heckroth und ihre Mitgründer kauften die Patente. Im nächsten Jahr will das Start-up den ersten Klebstoff für die Haut auf den Markt bringen. Er funktioniert wie eine Zweikomponentenspritze. Erst kurz vor dem Auftragen verbinden sich die zwei Flüssigkeiten und härten aus. Ein Klebstoff für die Anwendung im Körper soll 2019 folgen.
Von Elisabeth Dostert
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Es mangelt an vielem in Mali, an Bildung, Infrastruktur, oft auch an Essen. Vor allem aber mangelt es an Strom. Mehr als zwei Drittel der über 15 Millionen Malier haben keinen regelmäßigen Zugang zu Elektrizität, weltweit sind es nach UN-Schätzungen noch immer 1,2 Milliarden Menschen. Wo ein Stromnetz fehlt, helfen sich die Menschen mit Dieselgeneratoren. Das macht den Strom teuer, und auch Diesel ist oft knapp. Woran es aber so gut wie nie mangelt, ist Sonnenschein. Der hessische Unternehmer Torsten Schreiber hat im vergangenen Jahr seine Firma Africa Greentec gegründet, um etwas gegen diesen Strommangel zu tun. In 40-Fuß-Standardcontainern verbaut er ausklappbare Solarmodule. Mit den eingebauten Batterien wird der Container zum mobilen Rund-um-die-Uhr-Sonnenkraftwerk. Der erste, kleinere Prototyp steht bereits: in Mourdiah, der Heimatregion des malischen Präsidenten. Bis Ende des Jahres will Schreiber weitere Container nach Mali verschiffen, auch für andere Länder Afrikas gibt es Pläne. Den Strom lässt er sich per Kilowattstunde bezahlen, mit den Preisen unterbietet er die Dieselgeneratoren. Das Interesse ist an dem Projekt ist groß - die Risiken sind es auch.
Von Jan Willmroth
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Es wird eng auf der Erde, also raus ins All. Viele sind auf dem Weg: Google, Facebook, der britische Unternehmer Richard Branson mit seiner Firma Virgin Galactic, der US-Seriengründer Elon Musk mit SpaceX - und die junge Firma eightyLEO aus Grünwald bei München. Über ein Kommunikationsnetz von Hunderten Satelliten auf einer erdnahen Umlaufbahn, dem Low Earth Orbit, kurz LEO, wollen die Gründer Matthias Spott, 46, und Michael Oxfort, 51, Autos und Industrieanlagen in Echtzeit überwachen und fernsteuern. Sollen sich die Großen um die Internet-Versorgung der Bevölkerung kümmern. EightyLEO will die Unternehmen digital vernetzen, "schließlich sollen in den nächsten Jahren rund 80 Milliarden Geräte internetfähig werden", sagt Spott. Damit Fabriken rund um die Welt gesteuert werden können, seien schnelle, breitbandige Datenströme nötig. Dafür will eightyLEO sorgen. Ein weiteres Anwendungsfeld könnte die Autoindustrie mit der künftigen Vernetzung der Fahrzeuge oder dem autonomen Fahren sein. "Über Satelliten könnten zum Beispiel Software- Updates in die Fahrzeuge übertragen werden", sagt Spott. Erste Satelliten wollen die Gründer zu Versuchszwecken 2018 ins All schicken.
Von Elisabeth Dostert
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Die Idee zu Evopark entstand im Urlaub in Südfrankreich. Maximilian Messing, 27, stand mit dem Auto an einer Mautstation. "Das lange Warten und das Kramen nach Kleingeld nervten mich", erzählt er. Er überlegte, wann es im Alltag in Deutschland zu einer ähnlichen Situation kommt und wurde schnell fündig: im Parkhaus. Mit seinen Studienkollegen Marik Hermann, 26, Sven Thierry Lacking, 26 und Tobias Weiper, 28, setzte er binnen weniger Wochen die Idee der vernetzten Parkhäuser um. Das Konzept: Der Autofahrer legt sich einen Chip in den Wagen. Dieser öffnet wie von Geisterhand die Parkschranke, registriert, wie lange der Besitzer bleibt, rechnet am Monatsende automatisch ab. Läden in der Nähe können bei Einkauf Rabatt auf die Parkgebühr geben. Zudem sieht der Fahrer, wo noch Parkplätze frei sind. Mehr als eine Million Euro setzt Evopark mittlerweile im Jahr um, der Verlust summiert sich auf 400 000 Euro. In 20 deutschen Städten ist Evopark aktiv - in Innenstädten, an Flughafen, in Krankenhäusern und Shoppingcentern. Es dürften schnell mehr werden: Der Markt ist stark fragmentiert, es gibt viele unterschiedliche Betreiber. Evopark kann sie zusammenführen - mit einem einzigen Chip.
Von Harald Freiberger
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Es sind vier Erfinder, die sich am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik der Technischen Universität München vor fünf Jahren getroffen haben. Es geht um einen Milliardenmarkt, um Batterien für Elektromobilität, aber auch für stationäre Anwendungen. Stromautos sind heute das große Thema, besonders seit dem Dieselskandal bei Volkswagen. Entwickelt wurde von den Doktoranden eine neue Technologie für den Aufbau von Li-Ionen-Energiespeichern, die zum Patent angemeldet wurde. Produziert werden damit Batteriemodule mit besonderen Kühlungs- und Sicherheitsmechanismen sowie in jeder Größe, die flexibel kombiniert werden können. Im Juni 2014 dann wurde die Firma Invenox gegründet, mit Sitz in Garching bei München, dort wo auch Teile der TU München sitzen und unter anderem BMW ein großes Forschungszentrum für E-Mobilität unterhält. Zu den Forschern Richard Eckl, 31, Martin Hammer, 31, Moritz Steffan, 29, und Georg Walder, 28, stieß dann der Betriebswirt Mathias Wipfler, 34. Inzwischen hat Invenox mehrere Labore und einen Produktionsbereich. Beschäftigt werden derzeit 24 Mitarbeiter. Zudem gibt es bereits erste Pilotprojekte mit bekannten Industriepartnern.
Von Caspar Busse
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Dieses Unternehmen öffnet Türen, und zwar im wörtlichen Sinn: Kiwi, 2012 in Berlin gegründet, hat eine Technologie entwickelt, mit der sich Türen von Mehrfamilienhäusern ohne Schlüssel öffnen lassen. Der Bewohner trägt nur einen kleinen Transponder mit sich. Nähert er sich der Tür auf drei Meter, aktiviert ein Sensor dahinter den Summer; die Tür muss nur noch aufgedrückt werden. "Jeder, der schon einmal schwer bepackt vor der Haustür stand und gerade keine Hand frei hatte, wird sich über das System freuen", sagen die Gründer Christian Bogatu, 41, Claudia Nagel, 39, und Peter Dietrich, 39. Die Software lässt sich auf beliebig viele Personen programmieren, auch nur tageweise - zum Beispiel für eine Party. Und sie eignet sich nicht nur für Privatleute: "Abfallentsorger, Post- und Paketdienste oder Reinigungsunternehmen müssen nicht länger riesige Schlüsselbunde mit sich führen", sagen die Gründer. Die Software wurde unter der Bedingung entwickelt, dass keine Zuordnung möglich ist, wer wann eine Tür geöffnet hat; das soll die Privatsphäre wahren. Eine Reihe großer Wohnungsunternehmen wie die Gewobag haben sich bereits für das System entschieden. Auch die Berliner Feuerwehr nutzt Kiwi.
Von Harald Freiberger
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Die besten Ideen kommen oft an unerwarteten Orten. Als Pedram Zolgadri in einem kleinen indischen Dorf seine Suppe aus einem Laubblatt schlürfte, hatte er den Geistesblitz. Noch zu gut war ihm der Kindergeburtstag seiner Tochter in Erinnerung, bei der hinterher ein großer Berg Plastikgeschirr übrig blieb. Könnte man nicht auch in Europa Einmalgeschirr aus Laub fertigen? Zu Hause in Taufkirchen setzte er sich an den Schreibtisch und tüftelte Geschäftspläne aus. 2013 gründete er mit seiner Geschäftspartnerin Carolin Fiechter das Unternehmen Leaf Repub-lic. Sie wollen Verpackungsmaterialien für Lebensmittel aus nachhaltigen Rohstoffen entwickeln. Hauptbestandteil ist die Siali-Pflanze, die in Südamerika und Asien beheimatet ist und drei Mal im Jahr die Blätter abwirft. Deswegen sind die Produkte nicht blütenweiß wie das Plastikgeschirr, sondern dunkelgrün. Das Material ist kompostierbar und frei von Erdöl und Gentechnik. Während die ersten Kunden das Produkt kaufen, arbeitet Zolgadri schon an der nächsten Idee. Eine, bei der er ganz groß denkt. "Wir wollen Zellstoff und Papier neu erfinden", sagt er. Erste Erfolge gibt es bereits: In mehreren Testserien hat er wasserabweisendes Papier aus Laub produziert.
Von Andrea Rexer
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Eigentlich wollte Alexander Rudoy, 31, nur einen Roboter-Goldfisch in seinem Aquarium zum Schwimmen bringen - mittels elektromagnetischer Felder. Dazu braucht es aber Sensoren, die zeigen, wo der Goldfisch gerade schwimmt. Weil es auf dem Markt keine gab, die Objekte unter Wasser dreidimensional nachverfolgen konnten, musste Rudoy auch die selbst entwickeln. Seine 3-D-Sensoren funktionieren wie der Ortungssinn von Fledermäusen. Ein Teil sendet Ultraschallwellen aus, ein anderes empfängt das Signal wieder. Über eine mathematische Formel, die Rudoy entwickelt hat, lässt sich die Position des Objektes dreidimensional genau darstellen. 2015 konnte Rudoy seinen Kommilitonen Rinaldo Persichini und den Kaufmann Tobias Bahnemann überzeugen, mit ihm eine Firma zu gründen; sie heißt Toposens. Den Prototypen des Sensor-Systems gibt es schon. Seit November verkauft Toposens Entwicklungssets an Firmen. Namen darf Rudoy nicht nennen. "Wir konzentrieren uns in unseren aktuellen Pilotprojekten vornehmlich auf die Autoindustrie", sagt der Gründer. Der Einsatz scheint fast unbegrenzt. So lassen sich die Sensoren im Innenraum einbauen, um das Auto über Gesten steuern zu können.
Von Elisabeth Dostert
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