Gründerpreis Gipfelstürmer:Gerangel ums Eigenheim

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Lange war der Wohnungsmarkt in der Hand regionaler Makler. Doch das hat sich geändert. Auf dem Mietmarkt wetteifern viele neue Firmen um Kundschaft. Nun schielen die Start-ups auf das Verkaufsgeschäft.

Von Benedikt Müller, München

Vor wenigen Tagen hat Nikolai Roths Firma Maklaro wieder eine Eigentumswohnung in München an den Mann gebracht: drei Zimmer in einem Gründerzeithaus, mit hellem Parkett und weißen Flügeltüren. 425 000 Euro sollte die Wohnung kosten. Doch wie so oft auf dem Münchner Immobilienmarkt blieben nach der Besichtigung gleich drei Kaufwillige übrig. Also lud Maklaro zum Bieterkampf im Internet: An einem Sonntagnachmittag setzten sich die Konkurrenten an den Computer, um sich gegenseitig zu überbieten. 37 Mal ging es hin und her; letztlich wurde die Wohnung für 542 000 Euro verkauft. Die Entscheidung fiel per Mausklick.

Seit drei Jahren versucht Roth, mit seinem Start-up auf einen Milliardenmarkt zu treten: den Verkauf von Immobilien. Bislang dominieren regionale Maklerbüros das Boomgeschäft. Ihnen wollen Gründer wie Roth die Kundschaft streitig machen.

Über Online-Werbung wendet sich Maklaro an Verkäufer. Erteilt der Kunde einen Vermittlungsauftrag, schickt die Firma einen Sachverständigen vorbei, der das Objekt aufnimmt. Der Rest läuft digital: Die Maklaro-Zentrale schreibt das Exposé, schaltet Inserate im Internet, sammelt Interessenten ein - und organisiert Besichtigungen, die freie Mitarbeiter vor Ort durchführen. Das alles bietet Roths Firma viel günstiger an als klassische Makler: Der Käufer zahlt 2,9 Prozent des Kaufpreises als Provision, zuzüglich Mehrwertsteuer. Bei herkömmlichen Maklern schwankt die Provision dagegen je nach Bundesland zwischen fünf und sechs Prozent brutto; einen Teil muss vielerorts der Verkäufer zahlen. Freilich hat sich Roth als Preisbrecher in der Branche kaum Freunde gemacht.

Neue Wohnung, neues Glück? Viele wollen für die Vermittlerdienste nicht viel Geld ausgeben. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Doch Roth ist nicht der einzige Gründer, der die Immobilienwirtschaft aufwühlen will. Auch auf dem Mietmarkt wollen Dutzende Start-ups Wohnungssuchende und Anbieter zusammenbringen, seitdem die Bundesregierung vor gut einem Jahr das Bestellerprinzip bei Mietwohnungen eingeführt hat: Beauftragt der Vermieter den Makler, muss er die Provision zahlen, nicht mehr der Mieter. Seit der Reform schalten viele Vermieter keine Makler mehr ein. Start-ups wollen diese Lücke füllen.

Allerdings haben sich so viele Gründer auf die Vermietung gestürzt, dass der Markt übersättigt ist: Es kommen nicht genug Wohnungen auf den Markt für so viele ähnliche Plattformen. Erste Mietportale wie Vendomo haben schon dichtgemacht. Nun versuchen viele Start-ups, wie Maklaro auf den Verkaufsmarkt zu treten, wo sich seit jeher mehr Geld verdienen lässt.

Etwa die Firma McMakler, die der Unternehmer Hanno Heintzenberg kurz vor der Einführung des Bestellerprinzips gegründet hat. In der Vermietung hat sich McMakler unter den vielen Start-ups noch die beste Position erarbeitet; die Firma hat regelmäßig mehr als 300 Wohnungen bundesweit im Angebot. McMakler beschäftigt inzwischen 130 Mitarbeiter und knüpft erste Kontakte zu großen Hausverwaltungen, die regelmäßig Wohnungen neu besetzen.

Weitere Artikel aus der SZ-Serie Gipfelstürmer finden Sie hier. (Foto: SZ-Grafik)

"Das Geschäft mit der Vermietung ist uns weiterhin sehr wichtig", sagt Gründer Heintzenberg. "Aber wir gehen nicht davon aus, dass es in nächster Zeit durch die Decke gehen wird." McMakler bietet Vermietungen zum Festpreis von knapp 500 Euro an; dafür fährt ein Mitarbeiter zum Objekt, macht Fotos, schaltet die Annonce, vereinbart Termine, organisiert die Besichtigung, setzt den Vertrag auf und übergibt die Schlüssel. Das sei vielerorts zwar kostendeckend, sagt Heintzenberg.

Wachsen will McMakler nun aber im Verkaufsgeschäft. Von großen Maklerbüros hat das Start-up mehrere Mitarbeiter abgeworben, die sich auf den persönlichen Kontakt zu Verkäufern konzentrieren sollen. Die Termin-Koordination, das "Back Office", übernimmt der Computer. Daher lockt auch McMakler mit relativ günstigen Provisionen unter vier Prozent; diese zahlt nur der Käufer.

Junge Unternehmen locken mit niedrigen Makler-Provisionen und einfacheren Bewerbungen

Doch ist die Höhe der Provision für Verkäufer überhaupt wichtig? In Ländern wie Hessen, Berlin oder Hamburg müssen Verkäufer ohnehin keine Makler-Courtage zahlen. Nikolai Roth von Maklaro argumentiert, Verkäufer könnten auf höhere Preise hoffen: "Wenn die Makler-Provision niedrig ist, hat der Käufer mehr Geld für die Immobilie übrig." Roth spürt allerdings, dass Maklaro viele Aufträge in Bundesländern bekommt, in denen der Verkäufer einen klassischen Makler mitbezahlen muss. Dort sparen Verkäufer bares Geld, wenn sie die junge Konkurrenz beauftragen.

Maklaro hat 2015 erstmals mehr als 100 Immobilien verkauft. Für das laufende Jahr strebt Roth den "mittleren dreistelligen Bereich" an. Die Firma schreibt noch Verluste, weil sie viel Geld für Werbung ausgibt. Aber operativ decke der Umsatz bei jedem Verkauf die Kosten, sagt Roth.

Dass sich manche Portale dem Verkauf zuwenden, andere ganz aufgeben, heißt aber nicht, dass alle Vermietungs-Start-ups gescheitert wären. Ganz zufrieden zeigt sich Fabian Mellin, der vor gut einem Jahr, im Alter von 26 Jahren, die Firma Moovin gegründet hat. Moovin nimmt Vermietern das Inserieren ab und setzt auf Wunsch Mietverträge auf. In Großstädten können die Kunden auch andere Makler-Dienste einzeln zubuchen: Fotos, Exposé, Besichtigungen, Schlüsselübergabe.

75 Wohnungen vermittelt Moovin zurzeit pro Monat, der Umsatz hat sich seit Jahresbeginn verdoppelt. "Was wir bieten, ist ein Zwischending aus 'Makler einschalten' und 'alles selbst machen'", sagt Mellin, der schon während seines BWL-Studiums als Makler gejobbt hat. Ein paar Objekte hat Moovin auch schon verkauft. "Der Verkauf macht aber nicht die Masse unseres Geschäfts aus", erklärt Mellin. Immobilien zu verkaufen, sei ein langer Prozess, jeder Fall liege anders. Vermietungen liefen dagegen ähnlich ab, ließen sich leichter digitalisieren.

Niedrigere Provisionen, einfachere Bewerbungen, weniger Papierkram: Selbst wenn viele Gründer letztlich scheitern sollten, haben sie der lange eher verstaubten Immobilienbranche den Weg in die digitale Zukunft gewiesen.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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