Gründer:Backbord und Businessplan

Auf neue Ideen kommt man nicht, wenn man den ganzen Tag in seinem Büro sitzt, findet Karsten Knorr - und möchte die Gründerszene aufs Segelboot locken. Kostenpunkt: 1000 Euro die Woche.

Von Varinia Bernau

Auf Besitz geben sie wenig - mal abgesehen von Smartphone und Laptop. Sie tüfteln am nächsten großen Ding oder hübschen auch nur ein paar Webseiten auf. Die Abwechslung ist ihnen wichtiger als der Aufstieg, Freiheit schätzen sie mehr als das feste Gehalt. Bislang fanden die digitalen Nomaden ihren Arbeitsplatz zumeist in einem netten Café. Demnächst könnte es auch ein Segelboot sein.

Darauf zumindest setzt Karsten Knorr. Der 48-Jährige hat selbst so einiges ausprobiert, was, wie er sagt, "mal mehr und mal weniger gut geklappt hat". Er hatte mal eine Werbeagentur mit Sascha Lobo, dem Blogger, der immerhin noch so sesshaft blieb, dass er sich der digitalen Boheme zugehörig fühlte. Und Mitte der Neunzigerjahre hat Knorr mal CDs in Form von Firmenlogos fertigen lassen. Man mag darüber streiten, ob das innovativ ist. Es war zumindest lukrativ genug, dass er vor ein paar Jahren zu dem Schluss gekommen ist, dass er genug vom Arbeiten hat - und stattdessen segeln gehen wollte.

Er konnte es dann doch nicht ganz lassen mit der Arbeit: Als er zufällig in Thailand in einen Laden spazierte, in dem die unterschiedlichsten Leute einen Schreibtisch mieteten, um dort die unterschiedlichsten Projekte auszuhecken, war Knorr "von diesem Spirit begeistert". Wie wäre es, so hat er sich dann gemeinsam mit dem Chef des dortigen Co-Working-Space gedacht, wenn wir die digitalen Nomaden zu echten Nomaden machen?

Anfang Dezember wollen sie nun mit einem knapp 25 Meter langen Katamaran vor Thailand in See stechen: immer westwärts, einmal um die Welt in einem Jahr. Die digitalen Nomaden können zusteigen, wo sie wollen. Allerdings müssen sie eine Art Motivationsschreiben einreichen. Wer darin schreibt, dass er reich werden will, muss an Land bleiben. Es gehe darum, neue Perspektiven zu gewinnen, betont Knorr. Etwa 140 Interessenten haben sich allein in den ersten vier Wochen gemeldet: Amerikaner, Inder, Japaner, Südafrikaner und Europäer; 46 Jahre ist der Älteste, Mitte 20 der Jüngste. Und die Frauenquote liegt bei 50 Prozent.

Die Gründer können sich aufs Denken konzentrieren: Eine Crew steuert das Boot, kocht, putzt

Knorr setzt auf die Erkenntnis, wonach das menschliche Gehirn vor allem Routineentscheidungen trifft - und erst dann auf neue Gedanken kommt, wenn dies eine gänzlich unerwartete Umgebung erfordert. Und er treibt diese Erkenntnis, auf die auch Unternehmen bei ihrer Suche nach Innovationen setzen, auf die Spitze. "Auch in einem Co-Working-Space, in dem man ja zum Arbeiten geht, bleibt man letztlich in seiner gedanklichen Welt gefangen." Auf dem Segelboot hingegen werde man ständig mit neuen Situationen konfrontiert. Wobei eine Crew von etwa zehn Profis einem die drängendsten Alltagssorgen abnimmt: nicht nur die Steuerung des Boots, sondern auch das Kochen und Putzen.

Auf dem Schiff, in das Knorr gemeinsam mit einem Bekannten aus Berlin 1,5 Millionen Euro an Ersparnissen gesteckt hat, gibt es nicht nur Wlan. Es gibt auch: ein Trampolin, eine kleine Brauerei, Solaranlagen für die eigene Energieversorgung.

Das hat seinen Preis: eine Woche Nachdenken und Netzwerken auf hoher See, kostet knapp 1000 Euro. "Wir sehen das als eine Investition in sich selbst", sagt Knorr. Und dass die Lebenshaltungskosten in San Francisco schließlich auch nicht viel niedriger seien.

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