Großbank:Kahlschlag bei HSBC

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Geschasst: John Flint erfüllte als HSBC-Chef nicht die Erwartungen. Sein Nachfolger Noel Quinn will nun hart durchgreifen und noch einmal 10 000 Stellen streichen.

(Foto: Arnd Wiegmann/Reuters)

Unruhen im wichtigen Markt Hongkong, der Handelsstreit mit den USA - und natürlich auch der Brexit: Gründe für die schwierige Lage der britischen Großbank HSBC gibt es genug. Die Konsequenz: Weitere 10000 Stellen sollen gestrichen werden.

Von Alexander Mühlauer, London

Dass den Mitarbeitern von HSBC unruhige Zeiten bevorstehen, war spätestens im August klar. Vor zwei Monaten wurde John Flint, der damalige Vorstandschef der britischen Großbank, gefeuert. Gerade einmal anderthalb Jahre stand er an der Spitze des Geldhauses. Sein überraschendes Aus hatte vor allem einen Grund: Flint habe, so hieß es im Sommer aus Unternehmenskreisen, "auf die Eintrübung der Geschäftsaussichten zu langsam reagiert". Der Auftrag an seinen Nachfolger Noel Quinn konnte also nur heißen: Kosten senken. Und so kündigte Quinn im Zuge seiner Amtsübernahme kurzerhand den Abbau von 4000 Arbeitsplätzen in diesem Jahr an. Offenbar reicht ihm das aber nicht: Einem Bericht der Financial Times zufolge sollen bis zu weitere 10 000 Stellen gestrichen werden.

Dieser Kahlschlag würde damit etwa vier Prozent der Beschäftigten treffen. Weltweit arbeiten 238 000 Mitarbeiter für die Bank. Vor allem gutbezahlte Jobs sollen wegfallen. HSBC lehnte eine Stellungnahme ab. Die Einschnitte könnten Ende des Monats bekanntgegeben werden, wenn die Bank die Zahlen für das dritte Quartal vorstellt. Laut Analysten machen dem Geldhaus gleich mehrere Probleme zu schaffen. Da wären der andauerende Handelsstreit zwischen China und den USA, der die gesamte Weltwirtschaft trifft. Hinzu kommt, dass die Notenbanken in vielen Ländern die Zinsen senken oder auf historisch niedrigen Niveaus belassen. HSBC plagen zudem die Unruhen im für die Bank wichtigsten Finanzplatz Hongkong sowie die Unsicherheit vor dem anstehenden Brexit. Der britische Premierminister Boris Johnson will sein Land am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen - und zwar mit oder ohne Deal. Bei einem ungeordneten EU-Austritt droht Großbritannien eine Rezession. Angesichts der schwierigen Lage in Europa und Asien will Bankchef Quinn nun vor allem das seit längerer Zeit schwächelnde Geschäft in den Vereinigten Staaten vorantreiben.

HSBC ist mit dem anvisierten Stellenabbau nicht allein. Auch andere Großbanken haben harte Einschnitte geplant, darunter die Deutsche Bank, das britische Geldhaus Barclays und das französische Finanzinstitut Société Générale. Anfang des Jahres sah es noch so aus, als ob die Mitarbeiter von HSBC in einer komfortableren Lage wären als bei den Wettbewerbern. Die Bank erwirtschaftet fast drei Viertel des Gewinns vor Steuern in Asien und profitierte besonders vom chinesischen Wachstum. Doch seit den Unruhen in Hongkong ist die in London ansässige Bank massiv unter Druck geraten.

HSBC wurde 1865 in der ehemaligen britischen Kronkolonie als Hongkong und Shanghai Banking Corporation gegründet. Das Geldhaus hat sich seitdem zu einem der weltweit größten Finanzinstitute entwickelt, mit Niederlassungen in 65 Ländern und mehr als 40 Millionen Kunden. Europas größte Bank machte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 53,8 Milliarden Dollar. Der Vorsteuergewinn lag bei 19,9 Milliarden Dollar. Nach dem Zeitungsbericht zum geplanten Stellenabbau fiel der Aktienkurs der Bank am Montag anfangs zwar leicht, stieg dann am Nachmittag aber wieder an.

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