"Ich bin nicht qualifiziert, Außenpolitik zu kommentieren", schreibt Yanis Varoufakis - nur um genau das zwei Sätze später zu tun. In einem kurzen Eintrag in seinem privaten Blog meldet sich der neue griechische Finanzminister zu Wort. Mit spitzer Feder erhebt er schwere Vorwürfe gegen die EU. Neue Russland-Sanktionen seien mitnichten einstimmig beschlossen worden. Brüssel habe die griechische Regierung einfach nicht gefragt. Mit Blick auf die Medien fragt er: "Ist das wirklich zu kompliziert?"
Der kurze Kommentar in seinem Blog ist beispielhaft für den Stil des 53-jährigen Griechen. Seit Beginn der Euro-Krise meldet sich Yanis Varoufakis regelmäßig zu Wort. Er ist ein Ökonom, der polarisiert und Aufmerksamkeit erregt. Etwa mit der Ansicht, die Sparmaßnahmen, die Griechenland auferlegt wurden, glichen fiskalpolitischem Waterboarding. Immer wieder wird Varoufakis als Popstar der Ökonomen-Szene bezeichnet. Gekonnt spielt er mit seinem Image als Rebell. In der Öffentlichkeit trägt der Hobbysportler gerne eine schwere Lederjacke und aufgeknöpfte Hemden. Auch seine Leidenschaft für Motorräder ist kein Geheimnis.
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Gewöhnungsbedürftiger Stil
Zugleich blickt Varoufakis auf eine internationale akademische Karriere zurück. Als Wirtschaftswissenschaftler lehrte er in Großbritannien, Griechenland und den Vereinigten Staaten. Er besitzt neben der griechischen auch die australische Staatsbürgerschaft. Zuletzt arbeitete er als Chefökonom für die US-Firma Valve, die Computerspiele entwickelt.
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Griechenlands neuer Finanzminister heißt Yanis Varoufakis. Er ist ökonomischer Popstar, Rebell und international erfahren. Was könnte ihn besser für seine Aufgabe qualifizieren?
Unter Wirtschaftswissenschaftlern gilt Varoufakis' Stil als gewöhnungsbedürftig. Doch gerade sein Habitus dürfte Varoufakis im Wahlkampf für die Syriza-Partei geholfen haben. Kein Anzug, keine Krawatte - schon äußerlich zeige Varoufakis, dass er nicht Teil der jahrzehntelang etablierten griechischen Eliten ist, sagt etwa der Athener Ökonom und Wirtschaftsberater Jens Bastian. "Varoufakis hat verstanden, dass Politik auch heißt, ein bestimmtes Image aufzubauen." Obwohl Varoufakis nicht einmal Syriza-Mitglied ist, war diese Strategie bei den griechischen Wählern erfolgreich: Im Wahlkreis Athen B errang er als Politikneuling auf Anhieb die meisten Wählerstimmen.
Seinem neuen Chef, Premier Alexis Tsipras, ist Varoufakis seit längerem freundschaftlich verbunden. Varoufakis' großes internationales Netzwerk dürfte dem Syriza-Vorsitzenden Tsipras bei seinem rasanten Aufstieg geholfen haben.
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Premier Alexis Tsipras und seine Pläne versetzen die Anleger weltweit in Aufruhr. Viele halten eine griechische Staatspleite für deutlich wahrscheinlicher als vor der Wahl.
Seit Anfang der Woche ist Varoufakis nun Finanzminister. Die Latte, an der seine Arbeit gemessen werden dürfte, hat er selbst hoch gelegt. 2011 sagte er der SZ, die Euro-Krise könnte in einem Monat beendet werden, wäre nur der politische Wille dazu vorhanden. Seinen eigenen Willen hat er ein ums andere Mal deutlich gemacht: Von den internationalen Gläubigern fordert er einen Schuldenschnitt; die Sparvorgaben für sein Land hält er für zerstörerisch.
Dass ausgerechnet ein verbaler Haudrauf wie Varoufakis nun die Verhandlungen mit den Geldgebern führen soll, ist dennoch nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. So schätzt etwa der Ökonom Jens Bastian, dass Varoufakis viele Fähigkeiten für solche diplomatischen Drahtseilakte mitbringt. "Er ist ein erfahrener Akademiker, der im Ausland gelebt und gearbeitet hat. Er dürfte es ausgezeichnet verstehen, auf dem internationalen Parkett mitzuspielen", sagt Bastian. Hilfreich dürfte auch sein, dass Varoufakis exzellent Englisch spricht. Außerdem, so Ökonom Bastian, habe der neue Finanzminister ein gutes Gespür dafür, wie Äußerungen aus der griechischen Politik bei internationalen politischen Akteuren ankommen.
"Mein Plan ist, solche Ratschläge zu ignorieren"
Dieses Gespür dürfte in den kommenden Wochen entscheidend sein. Die griechische Regierung muss die internationalen Geldgeber überzeugen, weitere Hilfskredite nach Athen zu überweisen. Im Mittelpunkt dieser diffizilen Gespräche steht Varoufakis. Schon jetzt ist sein Terminkalender voll. Am Donnerstag traf er EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD), am Freitag ist ein Termin mit Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem angesetzt. Am Montag trifft Varoufakis den französischen Finanzminister.
Varoufakis' wichtigste Aufgabe dürfte zunächst sein, die Finanzierung des Landes zu sichern und die griechischen Banken zu stabilisieren. Zugleich muss er sich innenpolitisch profilieren. Matthias Kullas vom Centrum für Europäische Politik (CEP) glaubt deshalb, dass der Minister in den kommenden Wochen mit gewohnt drastischen Worten auf sich aufmerksam machen wird. Auch der immer wieder beschworene Kampf gegen die Oligarchen dürfte mittelfristig ein Thema bleiben. So könnte der Finanzminister den Syriza-Wählern zeigen, dass die Regierung handelt. Zugleich würden höhere Steuern für die oft noch steuerbefreiten Oligarchen neues Geld in seine Kassen spülen.
In seinem Blog schrieb Varoufakis zuletzt, ihm sei geraten worden, als Minister den Mund zu halten. "Mein Plan ist, solche Ratschläge zu ignorieren."