Süddeutsche Zeitung

Griechenlands Ex-Finanzminister:Eine Minute Varoufakis? Kostet 1000 Euro

Yanis Varoufakis tourt wieder durch Europa. Nun steht der italienische Sender RAI in der Kritik - wegen eines fürstlichen Honorars für den Griechen.

Von Jakob Schulz

Athen, Brüssel, Berlin, Paris - schon als Finanzminister jettete Yanis Varoufakis durch die Welt, um Griechenland aus der tiefen Schuldenkrise zu retten. Das Gastspiel in der Politik währte wenige Monate, dann übergab Varoufakis das Ministeramt an seinen Nachfolger Euklid Tsakalotos. Und legte erst richtig los.

Mehr als 20 öffentliche Auftritte zählte Varoufakis seither selbst, hinzu dürfte eine Vielzahl von Interviews kommen. Nicht zuletzt trat der Ex-Finanzminister Ende Oktober auf einer Veranstaltung der Süddeutschen Zeitung in München auf. Wie Varoufakis auf seiner Webseite nun in einer detaillierten Auflistung darlegt, erhielt er für die meisten seiner Auftritte kein Honorar, in vielen Fällen übernahmen Veranstalter seine Reisekosten.

Zwei Termine in seiner gut zwei Dutzend Einträge umfassenden Liste seiner Auftritte stechen allerdings heraus. Zum einen kassierte er für eine Rede in Singapur 28 800 US-Dollar. Bei einem weiteren Auftritt in Italien wurde Varoufakis mit 24 000 Dollar (nach Steuern) entlohnt. Pikant: Der Auftritt fand in der TV-Sendung "Che Tempo Che Fa" im italienischen Sender RAI 3 statt.

Dass Politiker nach dem Ende ihrer Karriere lukrative Engagements als Redner annehmen, ist nicht unüblich. Ex-US-Präsident Bill Clinton soll der New York Times zufolge für Auftritte schon 500 000 Dollar gefordert haben. Der SPD-Politiker Peer Steinbrück geriet 2012 in die Kritik, weil er für einen Auftritt bei den Bochumer Stadtwerken 25 000 Euro bekommen hatte.

Dass aber ausgerechnet eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt 24 000 Dollar für einen 20-minütigen Auftritt von Yanis Varoufakis hinblättert, wird nun heftig kritisiert. "Jede Minute Varoufakis im Fernsehen kostet die Italiener 1000 Euro", sagte etwa Matteo Salvini, Chef der oppositionellen Lega Nord. Auch Forza-Italia-Fraktionschef Maurizio Gasparri forderte dem ORF zufolge eine Erklärung. Es sei unerhört, dass die verschuldete RAI einen solch hohen Betrag für einen Politiker-Auftritt ausgebe. Auch die Reisekosten übernahm der italienische TV-Sender - für die erste Klasse.

Varoufakis selbst nutzt die Veröffentlichung seiner Honorare nebenbei auch für einen Rundumschlag gegen seine Kritiker. "Eure andauernden Versuche, mich zu verteufeln, sind ein Geschenk, für das ich euch danke", schreibt er.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2713991
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/sana
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.