Süddeutsche Zeitung

Griechenland:"Varoufakis war der erste Finanzminister, der mit uns gesprochen hat"

Die Putzfrau Maria Pasta protestiert seit 2013 vor dem Ministerium gegen ihre Entlassung. Varoufakis hat sie in guter Erinnerung.

Von Mike Szymanski, Athen

Maria Pasta wartet vergeblich auf Yanis Varoufakis, er kommt nicht mehr auf seinem Motorrad angebraust. Wieder ein Finanzminister, den sie überdauert hat. Die Finanzpolitiker kommen und gehen. Maria Pasta bleibt, so wie diese Krise.

Maria Pasta war für Varoufakis eine Art Erinnerungsfunktion, wie man sie vom E-Mailprogramm auf dem Computer kennt. Wenn Varoufakis zur Arbeit kam, dann saß oft Maria Pasta in ihren abgelatschten Turnschuhen hier - oder eine der anderen fast 600 Putzfrauen, die der griechische Staat im September 2013 auf die Straße gesetzt hatte. Sie waren zu teuer geworden.

Viele von ihnen gingen aber nicht einfach nach Hause. Sie kamen wieder, Morgen für Morgen. So entstand ein kleines Protestlager neben dem Finanzministerium. Und heute steht im Schatten des Hauses immer noch ein kleines Zelt, davor ein Tisch und ein Stuhl. Ein Besen, mit den Borsten nach oben auf den Kopf gestellt, dient als Stütze für ein Absperrband. Daran hängt ein Müllsack. Fast schon ein Mahnmal der kämpfenden Putzfrau.

Diese Krise hat ihre ganz eigenen Helden hervorgebracht. Einen Varoufakis, aber eben auch diese Putzfrauen. Manchmal kam er morgens vorbei, begrüßte sie und sagte: "Wir stehen auf der selben Seite. Wir versuchen das Beste für Euch." Sie habe ihm zu erklären versucht, dass ihre 320 Euro Gehalt im Monat doch nun wirklich nicht der Grund dafür sein könnten, dass das Land nun pleite ist.

Maria Pasta ist eine zierliche, leise Frau, man könnte sie glatt in dieser Szenerie übersehen. Sie schreit nicht, sie versucht niemanden von ihren Argumenten zu überzeugen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite bauen die Fernsehsender ihre Kamerastative auf, weil womöglich bald schon ein Neuer kommt, um die Geschäfte zu übernehmen. Maria Pasta sitzt einfach still auf ihrem Stuhl. Was sie für den Tag dabei hat, steckt in einem kleinen Rucksack, den sie auf ihrem Schoß hat.

"Varoufakis war der erste Finanzminister, der mit uns gesprochen hat", sagt sie. So arrogant, wie ihn dessen Gesprächspartner auf der großen Bühne der Finanzwelt und in der Politik beschreiben, hat sie ihn nie erlebt. "Er ist nicht wie die anderen", sagt sie. Er war ja auch der erste seit Jahren, der die Sparpolitik beenden wollte.

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