Griechenland:Samaras hat die Nase voll

Greek Prime Minister Samaras addresses a joint news conference in Berlin

Der griechische Premier Antonis Samaras in Berlin.

(Foto: REUTERS)

"Wir brauchen kein neues geliehenes Geld": Bei seinem Besuch in Berlin macht Griechenlands Premier klar: Er will die lästigen Aufpasser des Internationalen Währungsfonds so schnell wie möglich los werden. Dahinter steckt auch die Angst vor der nächsten Wahl.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Es dauerte eine ganze Weile, bis Antonis Samaras seinen Zuhörern doch noch einen kurzen Einblick in sein Seelenleben gewährte. Viele Minuten lang hatte der griechische Ministerpräsident schon in gewundenen Sätzen über sein Treffen mit Angela Merkel berichtet und dabei abwechselnd die Kanzlerin und sich selbst gelobt. Nun richtete er sich auf und bellte ins Mikrofon, er wolle zwar nicht von "Scheidung" reden, aber die Kooperation mit dem IWF werde "zu einem Ende kommen - und zwar vor dem geplanten Zeitpunkt!"

Was der Premier meinte: Er hat die Nase voll von den lästigen Aufpassern aus Washington, die ihn alle paar Monate mit neuen Sparvorgaben drangsalieren, das Volk in Wallung und die Regierung ins Wanken bringen. Statt sich wie geplant bis 2016 mit dem Internationalen Währungsfonds herumzuschlagen, will Samaras dessen Kontrolleure deutlich eher vor die Tür setzen.

Niemand nimmt so hohe Zinsen wie der IWF

Streng genommen gilt sein Ärger der gesamten Troika, der neben dem IWF die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank angehören. Das allerdings traute er sich bei seinem Besuch im EU-Land Deutschland dann doch nicht so laut zu sagen. Die Kritik am Währungsfonds ist auch einfacher: Nicht nur, dass dieser bei der Vergabe von Hilfskrediten besonders streng ist. Er nimmt zudem so hohe Zinsen, dass auch das ehemalige Krisenland Irland gerade dabei ist, ihn los zu werden: Kein privater Geldgeber verlangt so viel.

Auch Samaras verwies darauf, dass die Risikoprämie auf griechische Staatsanleihen mit fünf Jahren Laufzeit von einstmals zweistelligen Werten auf 4,25 Prozent gefallen sei. Soll heißen: Das Land könnte sich relativ günstig, vor allem aber ohne jede Reformverpflichtung, über den Finanzmarkt finanzieren.

"Griechenland lässt die Krise hinter sich"

Hinzu kommt laut Samaras, dass die Wirtschaft des Landes erstmals seit sechs Jahren wieder zaghaft wächst und dass seine Regierung auch 2014 mehr einnehmen als ausgeben wird - wenn man die Zins- und Tilgungskosten nicht mitzählt. "Griechenland lässt die Krise hinter sich und braucht kein weiteres Hilfspaket", so der Premier. Was die Euro-Partner betrifft, so läuft das zweite Kreditprogramm bereits Ende 2014 aus. Insgesamt wird Griechenland dann 240 Milliarden Euro an Darlehen erhalten haben.

Was Samaras nicht sagte, aber sein eigentliches Problem ist: Nach fast sechs Jahren Krise sind das Land wie auch seine Regierung der immer neuen Sparvorgaben aus Washington, Brüssel und Frankfurt schlicht überdrüssig. Schon im Frühjahr 2015 wird es für den Premier zum Schwur kommen: Dann nämlich muss das Parlament mit 60-Prozent-Mehrheit einen neuen Staatspräsidenten wählen. Bekommt Samaras die Stimmen nicht zusammen, gibt es Neuwahlen zum Parlament. Sieger wäre - Stand heute - die radikale Linke.

Samaras hofft auf mehr Entgegenkommen

So ganz ohne die Troika allerdings kann Griechenland dann doch noch nicht. Samaras deutete an, dass er sich von den EU-Partnern eine nochmalige Streckung von Zahlungsverpflichtungen und weitere Zinssenkungen erhofft. Merkel ihrerseits zeigte sich erfreut, "dass es in Griechenland doch sehr positive Signale gibt" und das Land "an der Schwelle zum Wachstum" stehe. Die von Samaras erwähnten Tilgungsstreckungen allerdings, so die Kanzlerin, seien "nicht Gegenstand des Gesprächs" gewesen.

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