Griechenland:Muss so viel Drama sein?

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Griechenlands Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras (im Bild rechts, links der Finanzminister Yanis Varoufakis) tritt stark auf - aber ist sie es auch? (Foto: AP)

Athens Forderungen nach Entschädigung für das Unrecht der Wehrmacht sind ein Ablenkungsmanöver: Die griechische Regierung will sich stärker zeigen, als sie ist. Das verschärft die Krise.

Kommentar von Christiane Schlötzer

Wie soll man sich das vorstellen? Das Goethe-Institut in Athen schickt all seine Sprachschüler nach Hause, weil am Eingang des Gebäudes ein Kuckuck klebt? Die Deutsche Schule Athen, die seit fast 120 Jahren besteht, schließt ihre Pforte, weil dort ein Pfandsiegel prangt? Undenkbar. Sollte man meinen. Genau damit aber droht der griechische Justizminister, falls die Regierung in Berlin den griechischen Forderungen nach Entschädigungen für altes Unrecht nicht entgegenkommt.

Juristisch ist der Pfändungsfall - im Zusammenhang mit NS-Unrecht - vor griechischen Gerichten eigentlich längst ausgereizt. Mit der klaren Antwort: Es geht nicht. Aber juristische Details spielen für die Regierung von Alexis Tsipras jetzt nicht unbedingt eine Rolle. Es geht um politischen Druck auf Deutschland.

Die Botschaft aus Athen lautet: Wir sind keine Bettler, im Gegenteil, wir haben mit euch noch ein paar Rechnungen offen. Erinnert euch! Der Griff in die Geschichte ist immer ein sensibles Unterfangen. Wo politisch geholzt wird, da ist seriöse historische Aufarbeitung kaum möglich. Deshalb ist es wenig hilfreich, wenn Tsipras nun in die Rolle des Gerichtsvollziehers schlüpft, in der Hoffnung, dass die Griechen dann nicht merken, dass seine Regierung längst nicht so stark ist, wie sie auftritt. Weil sie beispielsweise gerade die Haushaltsaufseher wieder ins Land lassen musste.

Athen will Druck auf Berlin machen - und macht nur Drama

Berlin reagiert auf die täglichen Anwürfe aus Athen inzwischen mit Gereiztheit, Frustration und Verständnislosigkeit. Und statt miteinander zu reden, redet man nun schon wieder vor allem übereinander. Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis beschwert sich gar per offizieller diplomatischer Demarche über seinen Berliner Kollegen Wolfgang Schäuble. Geht es nicht ein bisschen kleiner, mit weniger Drama? So möchte man da dazwischenrufen.

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Das klingt nach alter Weisheit, ist aber im deutsch-griechischen Fall Unsinn. Vergebens sucht man hier nach einem Profiteur des zeitraubenden Zwists. Vielleicht sollten daher beide Seiten ein paar Tage lang einfach gar keine Interviews mehr geben, eine Art Interview-Fasten praktizieren, passend zur vorösterlichen Zeit des Verzichts -am besten so lange, wie sie der Versuchung nicht widerstehen können, stets verbal übereinander herzufallen.

Dann könnte man sich endlich mit den drängenden Fragen befassen: beispielsweise, ob es nicht doch nötig wäre, Griechenland eine Neustrukturierung seiner Schuldenlast in Aussicht zu stellen. Schließlich war dies auch der alten Regierung schon versprochen. Oder wie man endlich wieder ein paar Investoren ins Land holt. Die warten nun schon so lange darauf, dass die Zitterpartie, ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht, endlich endet. Und dann sollte man auch in aller Ruhe darüber reden, ob griechische Juden oder Dörfer, in denen die Nazis besonders übel wüteten, nicht doch noch einige Ansprüche haben, über die man nicht mit ein paar steifen Worten hinweggehen kann.

© SZ vom 13.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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