Griechenland:Mehr als 400 000 Griechen während Wirtschaftskrise ausgewandert

Griechenland: "Frau Merkel, wie lieben Sie immer noch" steht auf einer Wellblechwand in Athen. Viele junge Griechen, die ihr Land verlassen, geben als Zielland Deutschland an.

"Frau Merkel, wie lieben Sie immer noch" steht auf einer Wellblechwand in Athen. Viele junge Griechen, die ihr Land verlassen, geben als Zielland Deutschland an.

(Foto: AFP)
  • 427 000 Griechen haben ihr Land in der Krise verlassen. Das geht aus einer Studie der griechischen Zentralbank hervor.
  • Dabei handelt es sich hauptsächlich um junge, gut ausgebildete Griechen - ganz im Gegensatz zu früheren Auswanderungswellen.

In der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise haben seit 2008 etwa 427 000 Griechen ihr Land verlassen und Arbeit im Ausland gesucht. Das geht aus einer Studie der griechischen Zentralbank hervor, die am Samstag in der griechischen Zeitung "Kathimerini" veröffentlicht wurde. Demnach wandern seit 2013 sogar jährlich mehr als 100 000 Menschen aus - und ein Ende der Auswanderungswelle sei nicht in Sicht.

Der Hauptgrund, aus dem die Griechen ihr Land verlassen, ist dem Report zufolge die hohe Arbeitslosigkeit, die unverändert bei über 25 Prozent liegt. Unter jungen Menschen beträgt sie mehr als 50 Prozent.

Entscheidender Unterschied zu früheren Auswanderungswellen

Auch wenn es nicht das erste Mal ist, dass Griechen in einer Auswanderungswelle ihr Land verlassen, so gibt es doch einen entscheidenden Unterschied zu den Wellen Anfang des 20. Jahrhunderts und in den Sechziger- und Siebzigerjahren: Dieses Mal sind es in der Mehrzahl junge und gut ausgebildete Menschen.

Dem Bericht zufolge wanderten in den vergangenen Jahren besonders viele Ärzte und Ingenieure sowie junge Akademiker direkt nach ihrem Abschluss aus. Ihre Zielländer seien vor allem Großbritannien, Deutschland und in die Vereinigten Arabischen Emirate. In den Sechziger- und Siebzigerjahren hingegen wanderten etwa eine Million Griechen aus, um als Industriearbeiter Arbeit in Deutschland und Belgien zu finden. Eine fachliche Ausbildung hatte damals kaum jemand von ihnen.

"Es ist kein Zufall, dass beide Phasen auf eine intensive Zeit des Umbruchs und der Rezession folgen", sagt die Ökonomin und Autorin des Reports Sofia Lazaretou. "Sie haben die Kluft zwischen unserem Land und weiter entwickelten Ländern vergrößert und den massenhaften Weggang junger Menschen befördert, die auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und Perspektiven sind."

Steigt die Zahl der Auswanderer im Jahr 2016 erneut im Vergleich zu den beiden Vorjahren, so könnten im Jahr 2017 insgesamt bereits deutlich mehr als eine halbe Million Menschen das Land verlassen haben. Bei einer Bevölkerung von etwa 10,8 Millionen Menschen entspräche das fast fünf Prozent der griechischen Gesamtbevölkerung.

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