Griechenland-Krise:Explosiv oder alarmistisch

Der Streit zwischen Europäern und IWF spitzt sich zu. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welchen Überschuss Athen nach dem Jahr 2018 erwirtschaften soll.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Der Streit um das hochverschuldete Griechenland hat wieder an Schärfe gewonnen. Nachdem der Internationale Währungsfonds (IWF) die griechische Schuldenlast in einer Analyse als derzeit "unhaltbar" und "langfristig explosiv" eingestuft hatte, versuchten die Europäer am Wochenende, diesem Eindruck entgegenzutreten. Ihre Botschaft: Griechenland könne seine Staatsfinanzen in den Griff bekommen. Die Voraussetzung dafür sei eine volle Umsetzung der vereinbarten Reformen, sagte ein Sprecher des Euro-Rettungsfonds ESM am Sonntag. "Wir sehen keinen Grund für eine alarmistische Einschätzung der griechischen Schuldensituation."

Am Freitagabend war eine Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) bekannt geworden, in der vor einer langfristig kritischen Schuldenlast gewarnt wurde. "Selbst bei einer vollständigen Umsetzung der im Programm gebilligten Reformen werden die Staatsverschuldung und der Finanzbedarf langfristig explosiv werden", heißt es darin. Um den Schuldenberg des Landes zu verringern, müsse die Euro-Zone "glaubwürdigere" Maßnahmen ergreifen.

Es ist noch immer völlig offen, ob der Fonds sich am laufenden Kreditprogramm beteiligt

Der Währungsfonds macht es von der langfristigen Tragfähigkeit der Schulden abhängig, ob er sich am laufenden Kreditprogramm beteiligt. Im Streit zwischen Euro-Staaten und IWF steht besonders eine Frage im Mittelpunkt: Welchen Primärüberschuss - also Überschuss vor Abzug des Schuldendienstes - soll Griechenland nach dem Jahr 2018 erwirtschaften? In dem Bericht hält der IWF nach SZ-Informationen 1,5 Prozent Primärüberschuss bis 2060 für realistisch. Nur so könnten die Schulden tragfähig bleiben. Deutschland wiederum dringt darauf, dass das für 2018 vereinbarte Ziel von 3,5 Prozent Primärüberschuss für weitere zehn Jahre festgeschrieben wird. Dies hält der IWF für ökonomischen Unsinn. Im Bericht des Fonds findet sich sogar ein noch deutlich pessimistischeres Szenario, wonach der Primärüberschuss bei einem Prozentpunkt bleiben könnte.

Der ESM verwies darauf, dass Europa klare Zusagen gegeben habe, Griechenland nach dem Ende des laufenden Programms zusätzliche Schuldenerleichterungen zu gewähren, wenn das nötig sein sollte und Griechenland alle Reformen umgesetzt habe. Für Deutschland gilt eine IWF-Beteiligung am nun laufenden Kreditprogramm für unabdingbar. Sie war 2015 Voraussetzung für die Zustimmung des Bundestages.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: