Griechenland-Kredite:Union will IWF doch nicht mehr dabeihaben

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Das griechische Parlament in Athen (Foto: Simela Pantzartzi/dpa)
  • CDU und CSU beharren nicht mehr darauf, dass der Internationale Wähungsfonds sich an den Krediten für Griechenland beteiligt.
  • Hintergrund ist die Forderung des Fonds nach großzügigen Schuldenerleichterungen.
  • Das dritte Kreditprogramm für Griechenland läuft Mitte August nach drei Jahren planmäßig aus.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Unionsfraktion im Bundestag rückt von der Forderung ab, dass sich der Internationale Währungsfonds zwingend an den Krediten für Griechenland beteiligen muss. Der IWF sei bei der Überprüfung der Fortschritte im Kreditprogramm für Griechenland immer mit an Bord gewesen, sagte Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, am Dienstag der Süddeutschen Zeitung. Der Fonds aus Washington habe "entscheidenden Anteil an der Umsetzung wichtiger Strukturreformen in Griechenland". Damit sei ein wichtiges Ziel des Hilfsprogramms erreicht. "Bedarf für eine darüber hinaus gehende finanzielle IWF-Beteiligung besteht grundsätzlich nicht", sagte Rehberg weiter. Er verwies darauf, dass die vom Euro-Rettungsfonds ESM bereitgestellten 86 Milliarden Euro bis August bei weitem nicht ausgeschöpft würden.

Rehberg gibt mit seinen Äußerungen die Stimmung innerhalb der CDU/CSU-Fraktion wieder. Danach bestehen unter den Abgeordneten große Bedenken, den Fonds wie bisher an den finanziellen Hilfen für Griechenland zu beteiligen. Hintergrund ist die Forderung des Fonds nach großzügigen Schuldenerleichterungen. Zunächst waren bis zu 100 Milliarden Euro im Gespräch. In den vergangenen Verhandlungen rückte der Fonds zwar von dieser Summe ab, er zeigte sich aber weiterhin davon überzeugt, dass substanzielle Erleichterungen bei den Laufzeiten der Kredite und den Zinsen notwendig sind, um Griechenland den Start in die finanzielle Freiheit zu erleichtern. Investoren und Märkte müssten überzeugt sein, dass es sich lohne, langfristig in das Land zu investieren - und nicht nur kurzfristig von etwas höheren Risikoaufschlägen zu profitieren.

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Die Verhandlungen sollten am 24. Mai abgeschlossen werden, sollen nun jedoch am kommenden Freitag am Rande eines Treffen des G7 in Kanada fortgesetzt werden. Der IWF hatte allerdings mehrmals auf Fristen hingewiesen. Es sei für den Fonds nur möglich, sich finanziell am laufenden dritten Kreditprogramm zu beteiligen, wenn die Verhandlungen dazu im Mai abgeschlossen würden. Das dritte Kreditprogramm für Griechenland läuft Mitte August nach drei Jahren planmäßig aus. Nur knapp die Hälfte der insgesamt 86 Milliarden Euro sind verbraucht.

Rehberg bestätigte, dass die finanzielle Beteiligung des IWF auch eine Frage des Preises sei. "Besteht der IWF für seine finanzielle Beteiligung auf hohen Schuldenerleichterungen durch die Europäer, wonach es derzeit aussieht, ist das schwer zu akzeptieren", sagt er. Der CDU-Politiker betonte, es gebe "keinen Automatismus für Schuldenerleichterungen". Über das Ob und die etwaige Höhe von Schuldenerleichterungen für Athen müsse auf Basis einer aktualisierten Tragfähigkeitsanalyse und der langfristigen Wachstumsstrategie Griechenlands entschieden werden.

Schäuble drängte den Fonds immer wieder

Die enge Bindung des IWF in die Griechenlandprogramme geht auf Bundeskanzlerin Angela Merkel und den früheren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zurück. Beide beharrten darauf, den Fonds als "unabhängigen und erfahrenen Partner" an den Finanzhilfen zu beteiligen. Der Fonds beteiligte sich an den ersten beiden Kreditprogrammen mit Krediten im zweistelligen Milliardenbereich. Im Jahr 2015 allerdings, als das dritte Kreditprogramm beschlossen wurde, weigerte sich der Fonds zunächst hartnäckig. Grund waren unterschiedliche Bewertungen des erwartbaren Wirtschaftswachstums in Griechenland, nicht erfüllte Reformauflagen und unterschiedliche Bewertungen der Schuldentragfähigkeit. Schäuble drängte den Fonds immer wieder. "Ich erwarte, dass der IWF an Bord bleibt. Es ist dabei nicht so relevant, mit welcher Summe er sich beteiligt; entscheidend ist, dass er es tut", sagte er im April 2017 vor einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Der Bundestag habe seine Zustimmung zum dritten Kreditprogramm nur unter dieser Bedingung gegeben. Sollte der IWF sich nicht mehr beteiligen, so Schäuble, sei das Programm beendet. Schäuble ärgerte sich so sehr, dass er ankündigte, alle neuen Programme würden ohne den IWF durchgeführt.

Im vergangenen Jahr einigten sich der IWF und die europäischen Kreditgeber auf ein "prinzipielles Abkommen", wonach der IWF sich mit einem kleinen Kredit von rund 1,6 Milliarden Euro an den Finanzhilfen beteiligen sollte, sobald man sich über großzügige Schuldenerleichterungen geeinigt habe. Das ist bisher nicht gelungen, obwohl der IWF von seinen ursprünglichen Forderungen abgerückt ist. Schäubles Ministeriums hatte 2017 errechnet, dass schon Stundungen der Zinszahlungen bis 2040 allein die Gläubiger bis zu 120 Milliarden Euro kosten würden - und abgelehnt. Inzwischen ist nach Aussage des Fonds die Zeit zu knapp, um sich noch finanziell zu beteiligen.

© SZ vom 30.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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