Griechenland in der Schuldenkrise:Brisanter Vorwurf an die Banken

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Eine Umschuldung Griechenlands hätte verheerende Folgen - für das Land selbst und die gesamte Euro-Zone, heißt es aus der EU. Doch die Stimmen für einen Schuldenschnitt Athens häufen sich. Reden die Banken ihn herbei, um Reibach zu machen?

Harald Freiberger und Claus Hulverscheidt

Der Vorwurf klingt ungeheuerlich: Klaus Regling, der Chef des Euro-Rettungsfonds EFSF, verdächtigt Großbanken, auf eine Umschuldung Griechenlands hinzuarbeiten, weil sie dabei Gebühren kassieren könnten. "Eine Anzahl von Instituten promotet so etwas, besonders wenn sie selbst nur wenig in Griechenland engagiert sind", sagte er. Regling bezog sich auf die Restrukturierung von Staatsschulden in Lateinamerika und Asien, bei denen Banken sehr hohe Honorare kassiert hätten. "Das würden sie in Europa gerne wiederholen", sagte er.

Der Parthenon in Athen: Kommt Griechenland aus der Schuldenkrise - oder wird eine solche noch extra herbeigeredet? (Foto: AP)

Der Vorwurf ist deshalb so brisant, weil Banken vor einem Jahr froh sein mussten, dass Internationaler Währungsfonds (IWF), EU und Europäische Zentralbank (EZB) einen Rettungsschirm über Griechenland spannten. Schon damals konnte das Land seine Schulden nicht mehr bedienen.

Ohne den Schirm hätte es einen Schuldenschnitt gegeben, bei dem die Investoren Milliarden hätten abschreiben müssen. Die deutschen Banken hatten zu dem Zeitpunkt 37 Milliarden Euro in griechischen Staatsanleihen angelegt. Deshalb sehen viele in dem Rettungsschirm in erster Linie eine Unterstützung der Geldhäuser.

Seit einigen Wochen häufen sich die Stimmen, die eine Umschuldung Griechenlands für unausweichlich halten. IWF, EU und EZB halten mit aller Macht dagegen, weil dies den Rettungsschirm konterkariert. "Die Befürworter einer Umschuldung scheinen die möglichen verheerenden Folgen für das Land selbst und die gesamte Euro-Zone nicht zu kennen", wetterte EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Regling schiebt mit seiner Äußerung einen Teil der Schuld den Banken zu. Er hat damit vor allem Investmentbanken im Visier, die selbst wenig in griechischen Staatsanleihen engagiert sind. Bei der Neuemission von Anleihen ist eine Gebühr von 0,5 Prozent üblich. Würde Griechenland umgeschuldet und würden nach einem Schuldenschnitt etwa Neuanleihen über 120 Milliarden Euro ausgegeben, könnten die beteiligten Investmentbanken 600 Millionen Euro einnehmen.

Auch in der Bundesregierung hält man es für denkbar, dass einige Banken auf eine Umschuldung und die damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten spekulieren. So soll etwa die Deutsche Bank längst alle Griechenland-Papiere abgestoßen haben. Sie wäre damit von einem Schuldenschnitt nicht betroffen, könnte über Gebühren aber viel Geld damit verdienen. Dass große Geldhäuser die Umschuldung aber gezielt herbeireden wollen, glaubt man in Berlin nicht.

Die Deutsche Bank wies die Gerüchte zurück. Es habe in den vergangenen Monaten keine Veränderung beim Griechenland-Engagement gegeben. Ende 2010 hatte das Frankfurter Kreditinstitut netto 1,6 Milliarden Euro in griechische Anleihen investiert. Das größte Engagement wies im Juli 2010 die Hypo Real Estate mit 10,3 Milliarden Euro aus, gefolgt von der Commerzbank mit 2,9 Milliarden Euro.

© SZ vom 07.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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