Süddeutsche Zeitung

Schuldenkrise:Darüber muss der Bundestag abstimmen

  • Die Abgeordneten im Bundestag müssen am Freitag entscheiden, ob sie der Regierung das Mandat erteilen, über ein drittes Hilfspaket für Griechenland zu verhandeln.
  • Griechenland kann bis Mitte August mit einer Brückenfinanzierung rechnen. Die EU-Finanzminister einigten sich auf eine Finanzierung über sieben Milliarden Euro.
  • Die Europäische Zentralbank (EZB) gewährt Griechenlands Banken neue Notkredite.
  • Bankgeschäfte sind in den kommenden Wochen in Griechenland weiterhin nur eingeschränkt möglich, die Banken könnten am Montag aber wieder öffnen.

Debatte im Bundestag

Am Freitag wird der Bundestag darüber abstimmen, ob Verhandlungen über ein weiteres Hilfspaket für Griechenland aufgenommen werden sollen. Konkret geht es bei der Abstimmung um zwei Punkte: Die Abgeordneten müssen der Bundesregierung ein Mandat erteilen, damit diese ein drittes Rettungspaket im Rahmen des Euro-Rettungsfonds ESM für Athen aushandeln kann - und Griechenland grundsätzlich Stabilitätshilfen aus dem ESM erhalten kann.

Bis es soweit ist, kann es allerdings mehrere Wochen dauern. Deshalb soll es in der Zwischenzeit eine Brückenfinanzierung geben, damit Griechenland drängende Schulden schon einmal begleichen kann. Dieses Geld soll dann aus dem Haushalt der Europäischen Union (EFSM) kommen. Auch dieser kurzfristigen Finanzierung müssen die Abgeordneten am Freitag zustimmen. (Der Antrag im Original zum Nachlesen hier).

Brückenfinanzierung beschlossen

Die Euro-Gruppe und die EU-Finanzminister haben sich am Donnerstag auf die Brückenfinanzierung für Griechenland bis Mitte August geeinigt. Der EFSM soll genutzt werden, um Griechenland bis zu sieben Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. EU-Kommissar Valdis Dombrovskis sagte, die Einigung solle bis Freitagmittag finalisiert werden. Das Geld braucht Athen dringend, denn: Zahlt Griechenland am 20. Juli eine Rate von 3,5 Milliarden Euro nicht an die EZB zurück, müsste die Zentralbank ihre Nothilfen widerrufen. Die Banken im Land wären sofort pleite.

Erhöhung der Notkredite

Die Europäische Zentralbank (EZB) gewährt Griechenlands Banken auf Antrag der griechischen Zentralbank neue Notkredite. Der Rahmen für die sogenannten ELA-Hilfen von zuletzt etwa 90 Milliarden Euro sei um 900 Millionen Euro für einen Zeitraum von einer Woche angehoben worden, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Griechenlands Zentralbank gibt die Kredite aus, ist aber auf die Erlaubnis der EZB angewiesen. Die Notkredite sichern die Zahlungsfähigkeit griechischer Banken. Diese sind in Schwierigkeiten, weil zahlreiche Kunden aus Furcht vor einer Staatspleite ihre Einlagen abziehen. Griechenlands Banken sind aktuell geschlossen, die Regierung hat Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Bürger können nur noch 60 Euro Bargeld pro Tag abheben.

Draghi hält Schuldenerleichterung für nötig

EZB-Chef Draghi machte sich zudem für eine Schuldenerleichterung zugunsten Griechenlands stark. "Es ist unbestritten, dass eine Schuldenerleichterung notwendig ist", sagte er. "Niemand hat das jemals infrage gestellt." Die Frage sei, welche Art von Schuldenerleichterung im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen möglich ist. Dies sollte in den kommenden Wochen in den Mittelpunkt der Diskussion rücken.

Verwirrung um Bankenöffnung

Nach SZ-Informationen werden noch mindestens vier Wochen keine normalen Bankgeschäfte in Griechenland möglich sein. Die Banken müssten vor der Wiederöffnung rekapitalisiert werden, hieß es. Der staatliche Rundfunk in Athen berichtete hingegen unter Berufung auf Bankenkreise, dass die Institute schon am Montag wieder öffnen könnten. Allerdings dürften weiterhin viele Kapitalverkehrskontrollen in Kraft bleiben. Gegenwärtig können Griechen pro Tag höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.

Euro-Gruppe für Verhandlungen über Kreditprogramm

Die Euro-Finanzminister haben Verhandlungen über ein neues Griechenland-Hilfsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren im Grundsatz zugestimmt. Das teilte EU-Kommissar Valdis Dombrovskis mit, der an den Gesprächen der Minister teilnahm. Um die Verhandlungen aufnehmen zu können, müssten noch nationale Parlamente in Euro-Mitgliedstaaten zustimmen, teilte die Euro-Gruppe mit.

Schäuble für freiwilliges Euro-Aus Athens

Trotz der Zustimmung des griechischen Parlaments zu ersten Spar- und Reformmaßnahmen bringt Finanzminister Wolfgang Schäuble erneut ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone ins Gespräch. Sehr viele Ökonomen, auch in Griechenland, bezweifelten, dass die Probleme ohne einen echten Schuldenschnitt gelöst werden könnten, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. "Doch ist ein wirklicher Schuldenschnitt mit einer Mitgliedschaft in der Währungsunion unvereinbar." Ein freiwilliges Ausscheiden "wäre für Griechenland der bessere Weg", sagte er.

Entscheidung in Finnland

Finnland hat über seine künftige Position im Umgang mit Griechenlands Schuldenkrise entschieden. Helsinki stimmte der Aufnahme von neuen Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland "unter strengen Bedingungen" zu. Diese Entscheidung des zuständigen Parlamentsausschusses verkündete der finnische Finanzminister Alexander Stubb. Zuvor hatte die Regierung aus Liberalen, Konservativen und Rechtspopulisten den EU-Ausschuss - Suuri valiokunta - über ihre Position verständigt. Der Ausschuss musste dem zustimmen. "Griechenland bewegt sich in die richtige Richtung, aber der Einsatz ist immer noch nicht groß genug, und die Verhandlungen werden wirklich hart", sagte Regierungschef Juha Sipilä. In Finnland fordern vor allem die Rechtspopulisten in der Regierung eine harte Linie im Umgang mit Griechenland.

Griechisches Parlament stimmt mit "Ja"

In der Nacht zu Donnerstag stimmte eine Mehrheit der Parlamentarier in Athen für harte Sparmaßnahmen. Diese schnellen Reformen machen die Geldgeber Griechenlands zur Bedingung, um Verhandlungen über ein dringend benötigtes Kreditprogramm zu beginnen (hier die Ereignisse von Mittwoch)

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