Griechenland:Doch kein Schuldenschnitt für Athen

  • Finanzminister Schäuble dementiert Berichte, wonach der IWF die Euro-Länder auffordere, dem hochverschuldeten Griechenland einen Schuldenschnitt zu gewähren.
  • Der IWF darf keine Kredite auszahlen, wenn ein Land langfristig nicht in der Lage ist, seine Schulden zurückzuzahlen.
  • Die Lage in Griechenland verschlechtert sich Beobachtern zufolge. Die Wachstumserwartungen sinken auf nur noch 0,5 Prozent.

Von Guido Bohsem, Berlin

Der Finanzminister wollte die Debatte beenden, bevor sie noch richtig begonnen hatte. Ungewöhnlich schnell reagierte Wolfgang Schäuble (CDU) auf Meldungen, wonach der Internationale Währungsfonds (IWF) die Euroländer dränge, Griechenland einen Teil seiner Schulden zu erlassen. So soll es laut Financial Times der Chef der Europa-Abteilung des IWF, Poul Thomsen, beim Treffen der Finanzminister in Riga gesagt haben. Ansonsten könne der Fonds kein weiteres Geld mehr an das Land überweisen, auch nicht seinen Anteil am aktuell diskutierten Hilfsprogramm von 7,2 Milliarden Euro.

Thomsen habe eine solche Äußerung nicht gemacht, betonte Schäuble. Es sei aber normal, dass EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und IWF überprüften, ob die Schuldentragfähigkeit noch gewährleistet sei. Die EU-Kommission bezeichnete eine Debatte über eine Umschuldung als verfrüht.

In Kreisen der deutschen Regierung hieß es, Thomsen habe Griechenland mit seinen Aussagen noch einmal deutlich machen wollen, wie zwingend notwendig es sei, sich mit den Euro-Ländern auf ein Programm zu einigen, das die Schuldenlast des Landes reduzieren könne. Erst wenn dies nicht gelinge, bliebe nur ein Schuldenschnitt übrig. "Das will keines der Länder in der Euro-Gruppe", hieß es.

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Verschlechtert hat sich die Ausgangslage für Griechenland zudem, weil der anhaltende Streit zwischen den Gläubigern und der Syriza-Regierung die Wachstumsaussichten des Landes deutlich gemindert hat. Nach Schätzungen der EU-Kommission wird die Wirtschaftskraft Griechenlands in diesem Jahr nur um 0,5 Prozent zunehmen. Ursprünglich war ein Wachstum von 2,5 Prozent prognostiziert worden.

Das geringe Wachstum verschlechtert die Schuldenquote des Landes zusätzlich

Das geringe Wachstum verschlechtert die Schuldenquote des Landes zusätzlich. Sie liegt derzeit bei 176 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Nach seinen Statuten darf der IWF keine Hilfen auszahlen, wenn das Land langfristig nicht in der Lage ist, seine Schulden zurückzuzahlen. Für Griechenland liegt die Obergrenze der Verschuldung bei 120 Prozent.

Ein Ausscheiden des IWF würde nicht nur dazu führen, dass Griechenland einen Teil der dringend benötigten nächsten Hilfszahlung nicht erhält. Es würde auch den Geldgebern Probleme bereiten. Insbesondere die Bundesrepublik hat immer wieder darauf beharrt, dass der IWF Teil der Rettungsaktionen für Griechenland sein soll. Die Experten des Fonds gelten als erfahren im Umgang mit Staatssanierungen und stehen im Ruf, harte Reformschritte auch gegen Widerstände in den betroffenen Ländern durchzusetzen. Im Falle Griechenlands dringen sie unter anderem auf Veränderungen im Rentensystem und auf dem Arbeitsmarkt.

Einen Schuldenschnitt wollen die Geberländer nicht hinnehmen. Obwohl die Griechen schon jetzt Jahrzehnte Zeit haben, die Kredite zurückzuzahlen und keine Zinsen entrichten müssen (was einem Schuldenschnitt nahekommt), wäre mit einem harten Schuldenschnitt das politisch äußerst unbequeme Eingeständnis verbunden, dass das Geld für Griechenland ein und für allemal fort ist

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