Greensill:38 Millionen Euro sind weg

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Die Pleite der bremisch-australischen Privatbank Greensill hat die Gemeinde Vaterstetten 5,5 Millionen Euro gekostet. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Unter den Opfern des Greensill-Skandals sind auch 50 Kommunen - unter anderem eine in Nordrhein-Westfalen.

Von Meike Schreiber

Für rund fünfzig deutsche Kommunen beginnt jetzt das Zittern: Sie waren Kunden der Bremer Greensill Bank, die am Mittwoch von der Finanzaufsicht geschlossen wurde. Ihr Geld dort müssen sie wahrscheinlich abschreiben. Dem Vernehmen nach geht es insgesamt um einen dreistelligen Millionenbetrag.

Welche Kommunen genau betroffen sind, war am Donnerstag noch unklar, bekannt wurde aber der Fall der Stadt Monheim am Rhein, die womöglich 38 Millionen Euro verloren hat. Sie hatte das Geld bei der Bremer Greensill Bank angelegt, um im Negativzinsumfeld von deren relativ hohen Zinssätzen zu profitieren. Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann informierte am Donnerstag alle Ratsmitglieder über den Fall und leitete eine Sonderprüfung durch das Rechnungsprüfungsamt ein. "Es könnte sein, dass der komplette Ausfall des angelegten Geldes droht. Wir verfolgen nun die Untersuchungen der Bafin", sagte Zimmermann.

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Kommentar von Meike Schreiber

Eigentlich dürfe die Stadt nach der eigenen Anlagenrichtlinie nur bei solchen Banken Geld anlegen, deren Einlagen gesichert und damit vor dem Ausfall geschützt sind. Zwar ist die Greensill Bank der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken zugeordnet und dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken angeschlossen. Gebietskörperschaften wie Städte sind allerdings seit 2017 von Entschädigungen ausgenommen. "Um Negativzinsen zu vermeiden, hatte die Stadt teilweise dennoch Geld bei Privatbanken angelegt. Wir prüfen nun, ob diese Geldanlagen einen Verstoß gegen die städtische Anlagerichtlinie darstellen", so Zimmermann.

Die Finanzaufsicht Bafin hatte die Bremer Bank am Mittwoch geschlossen, nachdem sie in einer forensischen Sonderprüfung festgestellt hatte, dass die Bank ihre Forderungen in der Bilanz teilweise nicht nachweisen kann. Zuvor hatte sich offenbar der Mutterkonzern Greensill Capital im großen Stil mit Lieferanten-Forderungen verzockt. Mehr Hoffnung auf Entschädigung dürfen sich Privatanleger machen: Sie sind über die Einrichtungen des Bankenverbands bis zur Grenze von rund 75 Millionen Euro pro Anleger geschützt.

Der Unmut über die Bafin wächst

Sollte die Bafin förmlich feststellen, dass die Greensill Bank nicht in der Lage ist, die bei ihr unterhaltenen Einlagen zurückzuzahlen, zahlt die Einrichtung des Bankenverbandes das Geld aus. Dem Vernehmen nach geht es um maximal drei Milliarden Euro. Kommunen sind bei den Privatbanken nicht mehr geschützt, seit sie ihr Geld in großer Zahl auch wackeligen Banken mit hohen Zinsen anvertraut hatten. Das ging bereits einmal zulasten der Einlagensicherung. Bei den Sparkassen und Volksbanken können die Kommunen ihr Geld noch sicher parken, müssen aber in der Regel Negativzinsen bezahlen.

Beim Bankenverband wächst indes der Unmut über die Bafin. Der Verband habe die Aufsicht bereits vor einem Jahr auf Ungereimtheiten bei der Greensill Bank hingewiesen, sagte ein Sprecher. In Kreisen der Finanzaufsicht hatte es zuvor geheißen, die Bafin sei von sich aus auf das Thema aufmerksam geworden.

Der Prüfungsverband überwache die Mitgliedsbanken und setze die Regeln. Das Management der Bank habe sich aber offensichtlich nicht an diese Regeln gehalten und das Geschäftsvolumen eigenmächtig ausgeweitet, sagte der Sprecher. Die Äußerungen sind ungewöhnlich deutlich. Normalerweise hält sich der Bankenverband mit Aussagen über die Aufsicht zurück. Kritik kam auch von Michael Peters, Referent Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende: Unter den Augen der Finanzaufsicht sei hier eine Bank offenbar in massive Schieflage geraten. "Dies wirft natürlich die Frage auf, ob die Bankenaufsicht ausreichend agiert hat".

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