Gratis-Telefondienst Skype:Zweiter Anlauf

Skype-Gründer Niklas Zennström will seine Firma von Ebay zurückkaufen. Ihm missfällt, was aus seiner Idee gemacht wurde.

Thorsten Riedl

Wie ein Revolutionär kommt Niklas Zennström nicht daher. Trotz seiner stattlichen Körpergröße wirkt er gedrungen, lässt die Schultern hängen, spricht mit leiser Stimme - aber seine Worte bewegen ganze Industrien.

Gratis-Telefondienst Skype: Soll schon mit Wagniskapitalgebern über den  Rückkauf seiner Firma sprechen: Skype-Gründer Niklas Zennström.

Soll schon mit Wagniskapitalgebern über den Rückkauf seiner Firma sprechen: Skype-Gründer Niklas Zennström.

(Foto: Foto: dpa)

Der Schwede hat mit der Internet-Tauschbörse Kazaa die Musikbranche verändert, mit dem Gratis-Telefondienst Skype die Telekommunikationsindustrie und mit dem Online-TV-Sender Joost versucht er es gerade beim Fernsehen.

Nun soll es den 43-Jährigen, zurück zu Skype ziehen. Er plane den Rückkauf seines Unternehmens vom Auktionshaus Ebay, meldeten US-Medien. Das Geld kommt aus der eigenen Tasche und von Wagniskapitalgesellschaften. Und Zennström hat noch einen ganz besonderen Trumpf im Ärmel.

Abstrus hoher Preis

Vor fast vier Jahren hat das weltweit größte Internet-Auktionshaus in einem aufsehenerregenden Geschäft den Telefondienst Skype übernommen. Ebay zahlte umgerechnet 2,6 Milliarden Euro für den Anbieter von kostenlosen oder zumindest vergleichsweise günstigen Telefonaten mit Hilfe des Internets.

Weitere 1,5 Milliarden Euro waren an bestimmte Umsatz- und Ergebnisziele geknüpft. Der Kaufpreis kam Beobachtern damals schon abstrus hoch vor. Schließlich war Skype zum Kaufzeitpunkt gerade mal zwei Jahre alt - hatte aber schon Telefonfirmen in Schrecken versetzt.

Zennström hat den Internet-Telefonservice gemeinsam mit seinem Kompagnon Janus Friis aufgebaut. Den lernte er in den neunziger Jahren bei der schwedischen Telefongesellschaft Tele2 kennen.

Im Duo infernale hatte Zennström stets den Part des Geschäftsmanns, Friis den des unkonventionellen Technikers im Hintergrund. Gemeinsam verließen der Schwede und der Däne 2001 die Telefonfirma und entwickelten die Musiktauschbörse Kazaa.

Revolutionäre "Peer-to-Peer"-Technologie

Das Programm basierte auf einem Algorithmus, bei dem die Nutzer die Daten nicht mehr wie üblich von einem zentralen Netzrechner beziehen, sondern untereinander tauschen. Fachleute reden von einer "Peer-to-Peer"-Technologie. Innerhalb weniger Jahre war Kazaa das meistgenutzte Programm im Internet. Vor allem Musik wurde getauscht zum Leidwesen einer ganzen Industrie.

Auch Skype schreckte die Telefonbranche auf. Gespräche untereinander sind für die inzwischen mehr als 400 Millionen Skype-Nutzer kostenlos. Über das Programm werden fast ein Zehntel aller Auslandsverbindungen weltweit abgewickelt.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum es plausibel erscheint, dass Zennström zu seinen Wurzeln zurückkehren könnte.

"Das sind meine Babies"

Trotzdem wurde Ebay mit dem Zukauf nicht glücklich. Im Herbst 2007 schrieb das Auktionshaus fast eine Milliarde Euro auf den Kaufpreis ab, weil sich die Geschäftshoffnungen nicht erfüllt haben. Zennström und Friis verließen das Unternehmen - als Bereichsleiter von Ebay hatten sie sich ohnedies nicht wohl gefühlt. Und John Donahoe, Chef des Auktionshauses, macht keinen Hehl daraus, dass Skype nicht zu Ebay passe und er den Dienst verkaufen würde, sollte der Preis stimmen.

Geld hat Zennström genug, um ein Leben in Luxus zu führen. Doch das interessiert ihn wenig. "Ich sehe mich als Unternehmer", sagt er. "Ich will Veränderungen voranbringen."

Noch während seiner Zeit bei Ebay startete er sein neues Projekt: Joost. Auch dieser Dienst basiert auf der "Peer-to-Peer"-Technologie und soll Fernsehen internettauglich machen. Der Erfolg ist bislang mäßig - deshalb scheint es plausibel, dass Zennström zu den Wurzeln zurückkehrt.

Ebay speckt ab

Die New York Times berichtet, Zennström und Friis würden bereits mit Wagniskapitalgebern sprechen. Die Wirtschaftslage spielt ihnen in die Karten. Ebay könnte sich mit einem Kaufpreis zufriedengeben, der niedriger liegt als 2005. Denn der Konzern speckt ab.

Gerade wurde der Internetdienst Stumbleupon verkauft - an die Gründer sowie Venture-Capital-Gesellschaften. Auch bei diesem Unternehmen sah Ebay-Chef Donahoe keine Nutzen für seine Konzernstrategie. Zennström aber muss noch kämpfen. Noch seien er und Donahoe weit davon entfernt, handelseinig zu sein, meldet das Wall Street Journal.

Skype ist für den Unternehmer mit der kantigen Brille mehr als ein x-beliebiges Unternehmen - ebenso wie seine anderen Gründungen. "Kazaa, Skype und Joost liegen mir sehr am Herzen", sagt Zennström. "Das sind meine Babies."

Er würde auch eine andere Strategie verfolgen: Statt schneller Umsätze will Zennström lieber mehr Skype-Nutzer gewinnen. "Wenn du zu schnell Geld willst, dann laufen dir die Leute weg." Ein Ass hat er bei den Kaufverhandlungen in der Hand: Joltid, eine weitere Firma von Zennström und Friis, hält Patente, die Skype nutzt.

Anderen erschwert das ein Gebot für den Telefondienst - auch für Ebay kann das zur Gefahr werden. In Großbritannien streiten sich Ebay und Joltid gerade wegen der Patentnutzung vor Gericht. Man werde wohl gewinnen, heißt es in einer Mitteilung von Ebay an die US-Börsenaufsicht. Falls nicht, leide Skype, und der Geschäftsbetrieb "würde voraussichtlich nicht möglich sein".

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