Plattform-Unternehmen:Der Sieger kriegt alles

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„Get big fast“, schnell groß werden ist das Motto der meisten Plattform-Unternehmen: Jeff Bezos, Gründer des Internet-Riesen Amazon. (Foto: Michael Nelson/picture alliance/dpa/EPA)

Erst schnell wachsen, dann absahnen: Es gehört zur Logik von Plattform-Unternehmen, dass sie irgendwann Märkte dominieren – und das oft genug ausnutzen.

Von Helmut Martin-Jung

Es beginnt mit zwei Ideen und einer irren Hatz. Start-ups, aus denen einmal Konzerne werden, brauchen erstens eine gute Idee für ein Produkt und zweitens eine Idee dafür, wie man mit diesem Produkt auch Geld verdienen kann. Und zwischen diesen beiden Ideen liegt das Rennen darum, möglichst schnell zu wachsen. „Get big fast“, schnell groß werden, das war das Motto von Facebook. Geld verdienen kam später. Und wie. Heute heißt das Unternehmen bekanntlich Meta und macht zuletzt knapp 13,5 Milliarden Dollar Gewinn – pro Quartal.

Google, das im Vergleich zur damaligen Konkurrenz weit überlegene Produkt, wäre Anfang der 2000er-Jahre fast gescheitert, weil die zweite Idee lange fehlte und die immensen Kosten der Serverfarmen das Unternehmen aufzufressen drohten. Heute ist Google das größte Internet-Werbeunternehmen der Welt, das wie nebenbei auch noch Produkte wie Internetsuche, Navigation, Smartphones, Betriebssysteme oder Cloud-Dienste anbietet. Und das nun in einem Gerichtsprozess in den USA erstmals offiziell als Monopolist bezeichnet wurde.

Google, Meta, Amazon und einige andere sind im Rekordtempo zu sogenannten Plattformen geworden. Diese Plattform-Unternehmen folgen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Sie funktionieren nach dem Prinzip „The winner takes it all“ – der Sieger kriegt alles. Welchen Sinn ergäbe es auch, 13 verschiedene Taxi-Dienste à la Uber zu betreiben, mit 13 verschiedenen Apps? Das wissen die Chefs dieser Unternehmen, ihre Geldgeber und ihre Aktionäre. Also werden sie alles versuchen, zu Siegern zu werden, um einen möglichst großen Anteil vom Kuchen zu erhalten.

Je größer sie aber werden, umso schwerer sind die Plattformen aufzuhalten. Neue Konkurrenten wie Whatsapp oder Instagram gefährden womöglich das Geschäft? Also kauft man sie auf. Oder man imitiert einfach deren Idee. Kleinere Konkurrenten haben in einem solchen Umfeld kaum eine Chance. Oder man bezahlt andere dafür, die eigene Technologie zu bevorzugen. Sowohl Apple als auch Mozilla mit ihrem Browser Firefox erhalten von Google viel Geld dafür, die Google-Suchmaschine als Standard anzubieten – Geld, auf das Mozilla kaum verzichten kann und das Apple gerne mitnimmt.

Und dann kommt die Gier

Anfangs profitieren die Nutzer und die gewerblichen Kunden von den Leistungen der Konzerne. Die kleineren Anbieter auf dem sogenannten Marketplace von Amazon würden allein niemals die Reichweite bekommen wie hier. Ähnlich geht es den Hoteliers, die auf die Plattform Booking.com kaum verzichten können. Doch irgendwann wollen die Risikokapitalgeber, wollen die Aktionäre Geld sehen. Oder die Gründer werden gierig. Vom einstigen Motto „Tu nichts Böses“ hört man bei Google schon lange nichts mehr, und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat eigentlich noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass er absolute Dominanz anstrebt. Und so verschärfen die Plattformen ihre Bedingungen.

Kleinere Anbieter, die auf den entsprechenden Seiten der Plattformen nicht untergehen wollen, müssen zusätzlich zur normalen Gebühr eine weitere dafür entrichten, damit sie in den Suchergebnissen weiter oben erscheinen. Kunden bei Amazon müssen entweder für eine Mindestsumme bestellen oder aber ein Abo abschließen, dessen Preis in den vergangenen Jahren mehrmals erhöht wurde. Auch Netflix, das Portal für Filme und Serien, geht mittlerweile mit Nachdruck gegen die Mehrfachnutzung seines Dienstes vor, die Abo-Preise wurden erhöht.

Zusätzlich bezahlen sowohl gewerbliche als auch normale Kunden mit ihren Daten. Ein kleiner Anbieter weiß nicht, wie viel seine Konkurrenten bei Amazon umsetzen, Amazon schon. Wer Dienste von Google oder anderen Plattformen nutzen will, muss der Nutzung seiner Daten zustimmen. Für die Konzerne ergibt es natürlich Sinn, Daten aus verschiedenen Quellen, bei Google etwa Internetsuche und Navigation, zusammenzubringen.

Letztlich geht es ja darum, so viele Daten über die Nutzer zu sammeln, dass sich daraus Profile für Werbung gewinnen lassen. Altersgruppen, Geschlecht, Interessen, Hobbys – man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie sich das in maßgeschneiderte Werbung für jeden einzelnen Nutzer, jede Nutzerin ummünzen lässt.

Die enorm aufwendigen Kämpfe, welche diese Unternehmen gegen alle Bemühungen führen, die Datensammelei einzugrenzen, zeigt, wie wichtig ihnen diese Daten sind. Ohne sie wären die Geschäftsmodelle etwa von Google oder Meta auf einen Schlag erheblich weniger einträglich.

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