Google kauft Motorolas Handygeschäft:Milliardenhatz auf wertvolle Patente

Es ist der teuerste Zukauf in der Unternehmensgeschichte: Google übernimmt die Mobilfunksparte von Motorola - für 12,5 Milliarden Dollar. Der Internetkonzern hat es vor allem auf die Patente des Handyherstellers abgesehen. Damit versucht er, zu den Rivalen Apple und Microsoft aufzuschließen - und treibt die Umwälzung des Handymarkts voran.

Der Internet-Konzern Google verteidigt mit der größten Investition der Unternehmensgeschichte seine Mobilfunk-Strategie: Für 12,5 Milliarden Dollar übernimmt Google die Mobilfunksparte von Motorola. Mit dem Mega-Deal würden alle Mobilfunkpatente von Motorola bei Google landen. Und da Motorola vor knapp 30 Jahren das erste kommerziell verfügbare Mobiltelefon auf den Markt gebracht hat, dürfte allein dieses Portfolio Milliarden wert sein.

Google kauft Motorolas Handygeschäft: Google expandiert: Das Unternehmen hat den Handyhersteller Motorala Mobility überraschend übernommen.

Google expandiert: Das Unternehmen hat den Handyhersteller Motorala Mobility überraschend übernommen.

(Foto: AP)

Google-Chef Larry Page sagte, der bislang teuerste Einkauf seines Unternehmens werde dem gesamten Ökosystem um das Mobil-Betriebssyystem Android einen Schub geben. Der Deal muss noch von den Wettbewerbshütern genehmigt werden und soll zum Jahreswechsel abgeschlossen werden. Vor wenigen Wochen hatte Google den Bieterwettstreit um das Patent-Portfolio des gescheiterten Mobilfunk-Ausrüsters Nortel an Rivalen um Apple und Microsoft verloren.

Der Motorola-Coup heizte sofort die Fantasien der Finanzmärkte an und trieb die Aktien von weiteren möglichen Übernahme-Kandidaten wie Nokia und RIM (Blackberry) in die Höhe. Google-Chef Larry Page und Andy Rubin, der Leiter der Android-Entwicklung bei Google, waren zuletzt in die Defensive geraten, obwohl sich in den vergangenen Monaten immer mehr Käufer für ein Smartphone oder Tablet-Computer mit dem Google-System entschieden hatten.

Wettbewerber wie Apple und Microsoft verklagten Unternehmen, die das Google-System einsetzen, weil Android gegen ihre Patente verstoße. Außerdem muss sich Google mit der Klage des Software-Unternehmens Oracle auseinandersetzen, weil Android angeblich Patente um die Software-Umgebung Java verletzt. Als Späteinsteiger in den Mobilfunkmarkt verfügt Google bislang nur über wenige einschlägige Patente.

Statt um Motorola-Patente zu feilschen, kauft sich Google nun gleich den ganzen Handyhersteller. "Wir haben 17.000 erteilte Patente und 7000 Patentanträge", betonte Sanjay Jha, CEO von Motorola Mobility, bei der Vorstellung der jüngsten Finanzzahlen seines Unternehmens. Ursprünglich wollte Jha diese Patente nutzen, um sich von den Android-Handys anderer Hersteller wie Samsung und HTC abzusetzen. Nun sollen die Motorola-Patente die Munitionskammer von Google in der Abwehrschlacht aller Android-Partner füllen.

Kurzfristig wird sich aber nur wenig ändern: "Zunächst wird es vermutlich keine Auswirkung auf die Patentklagen von Apple und Microsoft geben, da der Abschluss der Transaktion dauert und Google theoretisch auch noch überboten werden könnte", sagte Patentexperte Florian Müller. Selbst wenn der Patent-Schutzwall für Android funktioniert, könnte er Google aber auch neue Probleme bringen.

Um andere wichtige Android-Partner wie HTC oder Samsung nicht zu verprellen, müsste Google auch künftig der Versuchung widerstehen, Teile des geistigen Eigentums von Motorola für sich allein zu behalten. Sonst könnten die bisherigen Android-Hersteller ins Lager von Microsoft überlaufen. Google verbreitete denn auch umgehend Zitate der Chefs von HTC, Samsung und LG, die den Motorola-Deal als Zeichen für Googles Verbundenheit mit Android begrüßen. Bislang stellen HTC, Samsung oder LG sowohl Android-Smartphones als auch Geräte mit dem Microsoft-System Windows Phone her.

Eine Schlüsselrolle fällt in der Microsoft-Strategie aber Nokia zu, dem weltgrößten Handy-Hersteller, der seine Zukunft im Smartphone-Markt an Windows Phone gekoppelt hat. Der aktuelle Vergleich des Gewichts im Smartphone-Markt könnte klarer nicht sein: Die Analysten von Gartner kamen auf 43,4 Prozent für Android und lediglich 1,6 Prozent für mobile Windows-Betriebssysteme.

Googles Motorola-Deal belebte sofort die alte Spekulation, Microsoft könnte Nokia kaufen. Denn mit der Einbindung des Handy-Herstellers geht Google gewissermaßen den "Apple-Weg", mit dem Steve Jobs sein iPhone zum Hit gemacht hat: Alles aus einer Hand, die volle Kontrolle über Software- und Gerätedesign. Bei ersten "Android-Flaggschiffen" konnte Google noch darauf verweisen, dass viele Köche am Werk waren. Jetzt steht der Verwirklichung der puren Android-Vision nichts mehr im Weg.

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