Datenschutz:Handys, die private Daten für sich behalten

Datenschutz: Die Zielgruppe für datensparsame Handys sind vor allem Menschen, denen Datenschutz und die digitale Selbstbestimmung wichtig sind.

Die Zielgruppe für datensparsame Handys sind vor allem Menschen, denen Datenschutz und die digitale Selbstbestimmung wichtig sind.

(Foto: Vasily Pindyurin /imago)

Wer nicht will, dass das Smartphone dauernd persönliche Informationen an Google sendet, muss lange nach Alternativen suchen. Doch Murena und Vollaphone zeigen: Es geht auch ohne Datenflut.

Von Mirjam Hauck

Im vergangenen Jahr gingen mehr als 1,3 Milliarden Handys über die reale oder virtuelle Theke, das Milliardengeschäft teilen sich im Wesentlichen Samsung, Apple und die wachsenden chinesischen Hersteller wie Xiaomi oder Realme auf. Die Geräte sind meist weder nachhaltig noch fair produziert und verbrauchen massenhaft wertvolle Rohstoffe wie seltene Erden. Beim Datenschutz haben Kundinnen und Kunden eigentlich nur die Wahl, wer auf privateste Nutzerdaten wie den Standort oder den Suchverlauf zugreifen kann. Das können Hersteller wie Apple und Google sein, aber auch App-Anbieter wie Microsoft oder Facebook, die damit jeden zum gläsernen Menschen machen.

Es gibt aber durchaus Firmengründer, die sich gegen diesen "Überwachungskapitalismus" - wie Big-Tech-Kritikerin Shoshana Zuboff es nennt - wehren und mit ihren Produkten eine Alternative für Menschen sein wollen, die es ablehnen, dass ihre Handys massenhaft Daten an Google oder andere Konzerne senden. Einer von ihnen ist Gaël Duval. Der Franzose ist Mitinitiator der französischen Linux-Distribution Mandrake und gründete 2018 die eFoundation, die seither ein Betriebssystem namens /e/ entwickelt. Das soll vor allem die Daten der Nutzer schützen, gleichzeitig aber auch komfortabel sein. /e/ kommt ohne Google aus, ist Open Source und basiert auf der freien Software LineageOS, die wiederum auf die quelloffenen Teile von Android zurückgreift.

Nun hat Googles Betriebssystem Android für viele Nutzer vor allem einen großen Vorteil: Es ist bequemerweise auf den meisten Handys bereits vorinstalliert. Damit alles reibungslos funktioniert, muss man allerdings ein Google-Konto einrichten und vielen Nutzungsbestimmungen zustimmen, was dem US-Konzern umfassende Zugriffsrechte auf persönliche Informationen gibt. Wer ein anderes Betriebssystem auf dem Smartphone installieren will, braucht das entsprechende technische Know-how dafür. Außerdem kostet eine Neu-Installation Zeit und Nerven. Zwar gibt es im eFoundation-Onlineshop auch Fairphones und wiederaufbereitete Samsung-Handys zu kaufen, auf denen /e/ installiert ist. Doch damit allein will sich Duval nicht mehr zufriedengeben.

Datenschutz: Die neuen Murena-Handys: Sie sollen ein "Mainstream-Publikum" erreichen.

Die neuen Murena-Handys: Sie sollen ein "Mainstream-Publikum" erreichen.

(Foto: Murena/oh)

Er will nun auch ein "Mainstream-Publikum" erreichen. Gelingen soll das durch eigene Smartphones, die auf den Namen "Murena" hören. Bei der hauseigenen Cloud löst die Marke Murena ebenfalls die sperrige Bezeichnung /e/ ab. "Murena zielt darauf ab, Menschen gezielt von Big Tech und ihrer Kontrolle über unsere persönlichen Daten zu befreien", sagt Duval. Das Betriebssystem behält allerdings sein /e/, heißt eOS. "Wir haben also Murena-Smartphones, auf denen eOS läuft. So wird sich die Community weiterhin über die Entwicklung von eOS unterhalten können", erklärt Duval.

Mehr Datenschutz kostet auch etwas mehr

Neben dem eigenen Mittelklasse-Smartphone setzt Duval weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit dem niederländischen Hersteller des Fairphones. Das Fairphone 4 mit eOS kostet im Murena-Onlineshop ab 620 Euro und ist damit etwas teurer als die Variante mit Googles Android 11. Daneben gibt es auch ein Murena Galaxy S9+ Refurbished oder ein Murena Teracube 2e zu kaufen. Das Teracube ist ein einfaches und leicht reparierbares Handy der gleichnamigen Firma aus Seattle.

Auf den Murena-Handys gibt es vorinstallierte Standard-Apps wie Mail, einen werbefreien Browser oder Navigation und einen eigenen App-Store namens App Lounge. Dort finden Nutzerinnen und Nutzer alle verfügbaren Android-Apps, also auch Whatsapp oder Facebook, die weder auf Open-Source basieren noch datensparsam sind. Laut Duval sollen die Nutzer ihre Privatsphäre nicht gegen Benutzerfreundlichkeit eintauschen müssen. Um aber beurteilen zu können, wie datensparsam die Apps tatsächlich sind, bekommt jede App eine Datenschutz-Wert auf einer Skala von eins bis zehn, sowie einen Farbcode von grün bis rot. Kriterien dafür seien beispielsweise die Anzahl der Tracker, die eine App verwendet. So soll jedem auf den ersten Blick klar werden, was für eine App er sich da gerade herunterladen will. Mit der Anwendung "Advanced Privacy" auf dem Startbildschirm können Murena-Kundinnen und -Kunden zusätzlich kontrollieren, welche Tracker in ihrem Handy aktiv sein dürfen.

So will das Unternehmen weiter wachsen. Denn noch besetzt Duval mit seinem Angebot eine Nische: Nach eigenen Angaben gibt es derzeit 20 000 aktive Installationen des /e/-Betriebssystems und rund 40 000 Accounts, die die die /e/-Cloud nutzen.

Das Vollaphone aus Nordrhein-Westfalen setzt vor allem auf Einfachheit

Ebenfalls großen Wert auf die Privatsphäre der Nutzer und die Unabhängigkeit von Google oder Apple legt die Firma Hallo Welt aus Remscheid in Nordrhein-Westfalen. Im Sommer bringt sie ihr drittes Vollaphone auf den Markt. Während die Murena-Handys den klassischen Smartphones mit ihren vielen Funktionen ähneln und manche Beobachter meinen, Duval habe sich beim Design des /e/-Betriebssystem optisch vom iPhone inspirieren lassen, setzen die Vollaphones vor allem auf Einfachheit.

Datenschutz: Vollaphones aus Remscheid setzen auf Einfachheit.

Vollaphones aus Remscheid setzen auf Einfachheit.

(Foto: Hallo Welt)

"Wir haben zwei Hauptzielgruppen", sagt Firmengründer Jörg Wurzer. Die eine Zielgruppe seien Leute, denen Datenschutz und die digitale Selbstbestimmung wichtig seien. "Und der anderen geht es um Lebensqualität. Sie wollen ein sicheres und zuverlässiges Gerät, aber nicht zu viel Augenmerk darauf legen". So ist die Oberfläche sehr minimalistisch gestaltet, das sogenannte Sprungbrett führt die Nutzer zu wenigen kuratierten Apps wie zum Beispiel der Whatsapp-Alternative Signal.

Allerdings lassen sich auf dem Mittelklasse-Smartphone, auf dem das eigenentwickelte Volla OS oder Ubuntu Touch läuft, auch weitere Apps installieren. Dafür gibt es zwei Apps-Stores. Allerdings lassen sich Apps, die zwingend auf Google-Play-Dienste angewiesen sind, nicht in vollem Umfang nutzen.

Von den bisherigen Smartphones hat die Firma bislang mehrere Tausend verkauft. Für das neue Vollaphone 22, das rund 450 Euro kostet, peilt Wurzer die Zehntausender-Marke an. "Das ist für diesen Markt nichts, aber für ein kleines Unternehmen viel."

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