Glyphosat:Es wird teuer für Bayer - zu Recht

Jahresrückblick 2018

Das Werksgelände des Chemie- und Pharmakonzerns Bayer in Leverkusen.

(Foto: Oliver Berg/picture alliance/dpa)

Der Saatguthersteller hat vor Gericht verloren - und es laufen viele weitere Prozesse. Das Unternehmen hat die Gefahren von Glyphosat massiv unterschätzt. Den Chef könnte das den Job kosten.

Kommentar von Elisabeth Dostert

Investoren sind gnadenlos. Panisch verkauften Aktionäre an diesem Mittwoch die Aktie des deutschen Agro- und Pharmakonzerns Bayer, nachdem die jüngste Entscheidung im Fall Monsanto die Runde gemacht hatte. Geschworene eines US-Gerichts entschieden in der Nacht zu Mittwoch, dass der Unkrautvernichter Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat "erheblich" zur Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman beigetragen hat. Es ist die erste Phase in einem zweigeteilten Prozess. In der ersten sollte erörtert werden, ob es einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und der Krebserkrankung gibt. Gibt es!, meint die Jury. In der zweiten wird nun geklärt, ob Monsanto über Risiken hinwegtäuschte und wie hoch der Schadenersatz ausfällt. Schon die Zweiteilung hatte Bayer als Sieg für sich verbucht, auch weil das Unternehmen nun eigene Anwälte ins Rennen schicken konnte. Nun ist der Konzern wieder einmal "enttäuscht", wie schon nach dem ersten Urteil im vergangenen Sommer.

Im August 2018 hatte ein Gericht dem Hausmeister Dewayne Johnson zunächst 289 Millionen Dollar zugesprochen, später war die Summe aus formalen Gründen auf 78 Millionen Dollar gekürzt worden. Schon damals brach der Aktienkurs ein. Nun geht der Kursverfall weiter. Zu Recht, denn die jüngste Entscheidung wiegt schwerer. Den ersten Fall tat Bayer noch als Einzelfall ab, der Prozess war wegen der Schwere der Erkrankung vorgezogen worden. Das geht nun nicht mehr. Die jüngste Entscheidung in einem von drei geplanten "Bellwether-Verfahren", eine Art Musterverfahren, weist die Richtung für künftige Entscheidungen. Mehr als 11 000 Klagen sind in den USA bereits gegen Monsanto eingereicht worden. Der jüngste Prozessverlauf dürfte die Klagewelle weiter anschwellen lassen.

63 Milliarden Dollar hat Bayer für Monsanto gezahlt. Immer deutlicher wird: Bayer-Vorstandschef Werner Baumann hat sich im Drang nach Größe verzockt, er blendete die Risiken, die in Monsanto stecken, aus. Der US-Konzern stand seit Jahren in der Kritik - für Glyphosat, für gentechnisch verändertes Saatgut und sein Geschäftsgebaren. Baumann konnte und musste wissen, worauf er sich einließ. Er ging das Risiko wissentlich ein. Und er glaubt immer noch, alle Risiken meistern zu können und am Ende auch die Gerichtsverfahren in den USA zu gewinnen. Baumann kann nicht anders. Alles andere wäre ein Eingeständnis, dass er sich geirrt hat, dass der Kauf ein Fehler war. Die Übernahme von Monsanto sollte sein Meisterstück werden, die Krönung seiner Karriere. Wenn das Meisterstück scheitert, muss der Geselle gehen. Baumann hat in den vergangenen Jahren Millionen verdient. Ein Rausschmiss verletzt vielleicht seine Eitelkeit. Die Folgen aber haben die Mitarbeiter zu tragen.

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