Globaler Handel:Starke Impulse aus dem Ausland

Brexit

Der Rückzug von Teilnehmern aus Großbritannien ist bisher gering.

(Foto: Yui Mok/dpa)

Trotz Brexit und Handelsstreit verzeichnen Messen Zuwächse. Sorgen bereitet der Branche jedoch die Lage in Iran. Dort geraten Veranstaltungen mit deutscher Beteiligung ins Stocken.

Von Norbert Hofmann

Deutschlands Firmen spüren die angespannte Lage im Welthandel. Wie wirkt sich das auf Messen aus? Und wie interessiert sind Aussteller aus dem Ausland daran, sich in Zeiten von Handelsstreit und Brexit hierzulande zu präsentieren? "Krisen wirken sich in der Regel zeitverzögert auf das Messegeschäft aus, aktuell spüren wir noch nichts davon", sagt Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München. Die Münchner Baumaschinenmesse Bauma erreichte in diesem Jahr Rekordwerte. Eine Garantie für die Zukunft ist das aber nicht. "Der weltweite freie Handel ist auch die Basis für erfolgreiche internationale Messen", betont Dittrich. Protektionistische Tendenzen und internationale Handelskonflikte seien da kontraproduktiv.

Neben Brexit und dem Handelsstreit zwischen China und den USA verunsichert auch die Politik Italiens die Firmen. Bislang sind die negativen Folgen im Messegeschäft kaum sichtbar. "Die Zahl der Aussteller und die der Besucher aus dem Ausland haben sich in 2018 überdurchschnittlich entwickelt", sagt Harald Kötter, Sprecher des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (Auma).

"Der Bedarf an Kommunikationsplattformen nimmt eher zu als ab", sagt Wolfgang Marzin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Frankfurt. Die Messe registrierte in 2018 einen Auslandsanteil von 78 Prozent bei den Ausstellern und 56 Prozent bei den Besuchern. Zur ISH Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima im März sind deutlich mehr Besucher aus dem Ausland als im Vorjahr gekommen, während gleichzeitig die Quote ausländischer Aussteller weiter leicht gestiegen ist.

Der Handel mit Iran ist stark eingebrochen. Dies spiegelt sich dort auf den Messen wider

Um rund 30 Veranstaltungen hat die Messe Frankfurt ihr Portfolio erweitert. Dazu gehören die Akquisitionen der Cleanshow in den USA, der IEE Expo in Mumbai und der Rosmould in Moskau. "Das weltweite Messegeschäft wächst trotz Unsicherheiten in manchen Märkten und trotz Protektionismus", unterstreicht Marzin. Die Messe Frankfurt sei auch in politisch volatilen Regionen vertreten und investiere antizyklisch. "Das hat sich bislang als sehr nachhaltig erwiesen - beispielsweise in Russland, Großbritannien, in der Türkei und in Argentinien", so Marzin.

Die Messen mit deutscher Beteiligung in Iran geraten jedoch ins Stocken. Aufgrund der neuen US-Sanktionen fahren viele deutsche Firmen ihre Aktivitäten aus Sorge vor eigenen Nachteilen zurück. Die Vereinigten Staaten haben nach der Aufkündigung des Atomabkommens mit Iran seit November wieder umfassende Sanktionen eingeführt. Zudem fehlen Banken zur Abwicklung und Finanzierung des Iran-Geschäfts. Anlass für "leichte Hoffnung", so heißt es beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, macht die neue Zweckgesellschaft mit Namen "Instex" zur Initiierung einer Tauschbörse. Ein deutscher Iran-Exporteur könnte dann beispielsweise von einer italienischen Firma bezahlt werden, die ihrerseits Güter aus Iran importiert hat. Nach den Angaben des Statistischen Bundesamts ist der deutsch-iranische Handel im Januar und Februar gegenüber dem Vorjahreszeitraum um gut die Hälfte auf 264 Millionen Euro eingebrochen. Das betrifft vor allem die deutschen Ausfuhren, die bei einem Minus von 52 Prozent jetzt nur noch 223 Millionen Euro erreichten. Der Einbruch im Handel spiegelt sich in den Beteiligungen an Messen wider. Bei der von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) mitveranstalteten Landtechnik-Messe Agrotech-Agropars in Shiraz wurde der deutsche Gemeinschaftsstand wegen mangelnden Interesses deutscher Firmen abgesagt. Schon im vergangenen Sommer hatte die Deutsche Messe AG die geplante internationale Möbelmesse Medex nach Absprache mit den Ausstellern aufgrund der politischen Entwicklung wieder gestrichen.

Dennoch kommen überwiegend starke Impulse aus dem Ausland. China etwa stand auf der Ausstellerseite in 2018 für ein überdurchschnittliches Plus von rund sechs Prozent. Das Interesse aus Großbritannien hat nicht nachgelassen. Fast 5800 Beteiligungen aus dem Vereinigten Königreich gab es in 2018 und die Zahl der Besucher von dort lag mit knapp 150 000 sogar höher als im Vorjahr. Zwar sind die Ausstellerzahlen aus Großbritannien im Vergleich zu Vorveranstaltungen um fünf Prozent zurückgegangen. Der Brexit kann dafür aber nur einer von vielen Gründen sein.

"Durch den Brexit und seine Begleiterscheinungen ist das Engagement britischer Besucher in 2019 bislang nur leicht rückläufig", sagt der Münchener Messe-Chef Dittrich. Noch immer gehört Großbritannien zu den fünf wichtigsten Teilnehmerländern auf deutschen Messen. Ein Rückzug gilt als unwahrscheinlich - selbst wenn die gegenseitigen Importe und Exporte sinken. "Die Firmen haben ein Interesse daran, ihre Handelsbeziehungen aufrechtzuerhalten und miteinander im Gespräch zu bleiben", sagt Aumasprecher Kötter. Das gilt wohl auch für das Verhältnis zu den USA. Mit 5.600 Beteiligungen kamen in 2018 von dort nahezu genauso viele Aussteller wie aus Großbritannien und die Zahl der Besucherer bewegte sich in etwa auf dem Vorjahresniveau.

"Ein Konjunkturrückgang mag zwar das Messegeschäftsvolumen etwas schmälern, schlägt aber erfahrungsgemäß nicht dramatisch durch", sagt Auma-Sprecher Kötter. Selbst während der Finanzkrise 2007/2008 hatte sich das Messegeschäft nach einem kurzen Einbruch um fünf Prozent im Folgejahr wieder stabilisiert. Noch ist nicht mal ein Rücksetzer spürbar. "Die meisten Messen der Messe München haben in 2018 und 2019 im Vergleich zur Vorveranstaltung zwischen einem und zwölf Prozent mehr Besucher angezogen, wobei anteilsmäßig der größte Zuwachs aus dem Ausland kommt", sagt Dittrich von der Messe München.

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