Glencore:Verdacht auf Geldwäsche

File: Glencore Plunges After U.S. Subpoena Regarding Money Laundering

Kupferverarbeitung im Kongo: Der Rohstoffkonzern Glencore muss sich gerade wegen seiner Geschäfte in dem Land vor der US-Justiz verantworten.

(Foto: Simon Dawson/Bloomberg)

Der Rohstoff-Gigant muss der amerikanischen Justiz Nachweise über Geschäfte in Afrika liefern. Es geht wohl auch um Zahlungen an den korrupten Händler Dan Gertler. Sanktionen drohen.

Von Charlotte Theile, Zürich

Der schweizerische Rohstoffhändler Glencore hat erneut schlechte Nachrichten erhalten: Das amerikanische Justizministerium verdächtigt den Konzern mit Sitz im steuergünstigen Kanton Zug der Korruption und der Geldwäsche. Dabei bezieht sich das Ministerium auf die Geschäfte des Konzerns in Nigeria, der Republik Kongo und Venezuela. Sollte sich der Verdacht der Amerikaner bestätigen, könnte das für die Schweizer äußerst unangenehme Konsequenzen haben - bis hin zu einem vollständigen Bann von Geschäften in den Vereinigten Staaten.

Schon m November 2017 hatte der Rohstoffkonzern sich mit dem Vorwurf unlauterer Geschäfte im Kongo befassen müssen. Damals hatten die Paradise Papers enthüllt, dass Glencore im Kongo auffallend günstig an wertvolle Kupfer- und Kobalt-Minenlizenzen gekommen war.

Im Zentrum dieser Recherchen stand der israelische Rohstoffhändler Dan Gertler, ein Freund des kongolesischen Staatschefs Joseph Kabila. Gertler steht inzwischen auf der schwarzen Liste der Vereinigten Staaten und wird dort ganz offiziell als korrupter Geschäftsmann bezeichnet. Glencore kappte zunächst die Verbindungen zu Gertler.

Mitte Juni teilten die Schweizer dann mit, doch wieder Zahlungen an die Gertler-Firmen zu leisten. Um den Sanktionen der Amerikaner zu entgehen, setzte man in Zug auf einen Trick: Die Zahlungen wurden weder in US-Dollar geleistet, noch seien US-Bürger involviert, verkündete das Unternehmen. Glencore-Chef Ivan Glasenberg stammt aus Südafrika. Vorausgegangen war ein Rechtsstreit mit Dan Gertler.

Gleichzeitig verwehrte sich das 1974 vom Branchen-Genie Marc Rich gegründete Unternehmen in den vergangenen Monaten massiv gegen die Vorwürfe. Die Worte "korrupt" und "Schmiergeldzahlung" sollten in keinem Bericht über Glencore auftauchen, die PR-Abteilung des Konzerns lud Journalisten zu Hintergrundgesprächen und Reisen ein, berichtete von sauberen Geschäften, renaturierten Minen und Ausbildungsprogrammen vor Ort. Glencore, einst undurchsichtige Blackbox, öffnete sich, auch gegenüber kritischen Fragen.

Nachdem die neuen Ermittlungen bekannt wurden, gab die Aktie um mehr als zehn Prozent nach

Die Korruptionsvorwürfe aber scheinen der Rohstoffhändler immer wieder einzuholen. Und anders als noch vor ein paar Jahrzehnten, als Bill Clinton den "Rohstofftycoon Marc Rich", wie er in einer Biografie genannt wird, an seinem letzten Tag im Weißen Haus einfach begnadigte, wird Wirtschaftskriminalität heute ernster genommen.

Selbst die wirtschaftsnahe Neue Zürcher Zeitung fragt inzwischen, warum es eigentlich immer die Amerikaner sein müssten, die derlei Missstände untersuchten: "Die strafrechtlichen Mittel dafür sind auch in der Schweiz vorhanden." So klingt Mentalitätswandel.

Das wissen auch die anderen Händler: Nachdem bekannt geworden war, dass die amerikanische Justiz Einsicht in Glencores Dokumente verlangt hatte, gab die Aktie um mehr als zehn Prozent nach. Inzwischen hat sich der Kurs wieder etwas stabilisiert. Die Schweizer Privatbank Credit Suisse riet ihren Kunden, ruhig zu bleiben. Es handle sich nur um "eine einfache Anfrage nach Dokumenten" schrieb die Bank. Derartige Ermittlungen seien in der Branche durchaus üblich, führte das Institut aus. Der Rohstoffhändler bleibe somit "erste Wahl". Von Glencore selbst kam ein kurzes Statement. Man prüfe die Vorladung und werde "zu gegebener Zeit" weitere Informationen zur Verfügung stellen.

Für die Financial Times in London ist klar: Der weltgrößte Rohstoffhändler muss an seinem Risikoverhalten arbeiten. Wenn sich Glasenberg nicht aus "fragwürdigen Deals in stürmischen Ländern" zurückziehe, könnte das dem Unternehmen weiteren Schaden zufügen. Dieser Hinweis zielt ins Herz der Glencore-Strategie: Immer wieder waren die Schweizer in Regionen aktiv geworden, vor denen Konkurrenten zurück schreckten. Alle Warnungen von Branchenkennern schienen am Erfolg von Glencore abzuprallen. Doch seit den Enthüllungen der Paradise Papers häufen sich die negativen Schlagzeilen. Der Rohstoffkonzern ist verwundbarer denn je.

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