Arbeitsmarkt:Es tut sich was in Sachen Gleichstellung

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Die gläserne Decke ist ein Symbol für die Diskriminierung von Frauen im Arbeitsmarkt. Illustration: imago (Foto: Mary Anne Smith; via www.imago-images.de)
  • Beim schulischen Bildungsniveau haben Frauen Männer mittlerweile überholt, ihre Erwerbsquote ist nur noch acht Prozentpunkte niedriger als die der Männer.
  • Trotzdem klafft gerade beim Gehalt noch eine Lücke - und auch die Carearbeit wird weiterhin häufiger von Frauen erledigt.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Wenn Gesetzentwürfe im Kanzleramt liegen, statt an die Ressorts verschickt zu werden, ist klar: Es gibt Meinungsverschiedenheiten zwischen Union und SPD. Derzeit ergeht es einem Entwurf von Justizministerin Christine Lambrecht und Frauenministerin Franziska Giffey (beide SPD) so. Die beiden wollen durchsetzen, dass in börsennotierten, mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern künftig eine Frau im Vorstand sitzen muss, wenn das Gremium mehr als drei Mitglieder hat. Die Union will das nicht, weshalb der Entwurf feststeckt.

Dass es auch anderswo nur langsam oder gar nicht vorangeht in Sachen Gleichstellung hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in einem Report dokumentiert. Auf den Feldern Bildung, Erwerbsarbeit, Einkommen, Teilzeit, Sorgearbeit und Mitbestimmung haben die Wissenschaftler den Stand der Dinge zusammengetragen.

Eine gute Nachricht zuerst: Beim schulischen Bildungsniveau haben die Frauen die Männer sogar überholt, bei Studium und Berufsausbildung herrscht Gleichstand. Ein Problem aber ist, dass Mädchen sich weiterhin am liebsten "Mädchenberufe" aussuchen und sind auch noch auf wenige Berufe fokussiert. Das Ergebnis: In tendenziell schlechter bezahlten Dienstleistungsberufen sind sie überrepräsentiert.

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Licht und Schatten gibt es auch bei der Erwerbsarbeit insgesamt: Die Erwerbsquote von Frauen ist mit 72 Prozent nur noch acht Prozentpunkte niedriger als die der Männer. Es hat sich also einiges getan; 1991 waren nur 57 Prozent der Frauen erwerbstätig, verglichen mit gut 78 Prozent der Männer. Auf der anderen Seite stellen Frauen fast zwei Drittel der Minijobber, aber nur ein Drittel der Selbständigen.

Zudem arbeiten 46 Prozent der Frauen, aber nur elf Prozent der Männer in Teilzeit. Im Schnitt arbeiten Männer 8,2 Wochenstunden mehr als Frauen. Besonders ausgeprägt ist das Phänomen bei Eltern: In Paarhaushalten mit Kindern arbeiten fast alle Männer (95 Prozent) Vollzeit, aber nicht einmal ein Drittel der Frauen (28 Prozent). Während bei fast 55 Prozent der Paare ohne Kinder beide voll erwerbstätig sind, gibt das für gerade einmal ein gutes Viertel der Paare mit Kindern.

Teilzeit aber ist die Hauptursache für die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen. Die liegt unbereinigt - also ohne Berücksichtigung von Faktoren wie Berufsunterschiede, Beschäftigungsumfang, Bildungsstand, Berufserfahrung oder Führungspositionen - bei knapp 21 Prozent. Hinzu kommt, dass auch vollzeitbeschäftigte Frauen häufiger als vollzeitbeschäftigte Männer zu niedrigen Löhnen arbeiten. 2016 verdienten laut WSI 14 Prozent der Männer, aber fast 25 Prozent der Frauen weniger als 2000 Euro brutto im Monat.

Frauen leisten zu Hause auch dann noch mehr als ihr Partner, wenn sie in Vollzeit arbeiten

Genau wie im Erwerbsleben ist auch zu Hause, in Sachen Kinderbetreuung und Hausarbeit, die Welt der Frauen weiterhin eine andere als die der Männer. Das, was gemeinhin Carearbeit genannt wird, also die unbezahlte Arbeit zu Hause, bleibt deutlich häufiger an den Frauen hängen als an der Männern: Dem WSI nach verbringen Frauen (die Daten stammen aus 2012/2013) im Schnitt 45 Prozent ihrer täglichen Arbeitszeit mit unbezahlter Arbeit, Männer dagegen nur 28 Prozent.

Die dominante Rolle der Frauen in Kinderzimmer und Küche hängt natürlich auch mit der weitverbreiteten Teilzeitarbeit zusammen. Aber: Frauen leisten zu Hause auch dann noch mehr als ihr Partner, wenn sie in Vollzeit arbeiten. Besonders ausgeprägt ist diese Mehrarbeit gegenüber den Männern bei vollzeitarbeitenden Müttern.

Und Giffeys Führungsfrauen? In den 160 größten börsennotierten Firmen sitzen 30 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten, aber nur acht Prozent in den Vorständen. Auch in der oberen betrieblichen Führungsebene liegt der Frauenanteil laut WSI bei 26 Prozent, obwohl 44 Prozent der Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Betrieben Frauen sind. Für die 24 obersten Bundesbehörden dagegen konnte Giffey am Dienstag mit Verweis auf einen neuen Gleichstellungsindex verkünden, dass der Frauenanteil von 34 auf 36 Prozent gestiegen sei. Der Koalitionsvertrag sieht allerdings bis 2025 eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im öffentlichen Dienst des Bundes vor. Man dürfe deshalb "nicht nachlassen", sagte Giffey. Vielleicht hatte sie dabei auch den Entwurf im Kanzleramt im Sinn.

© SZ vom 26.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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