Gleichgeschlechtliche Partnerschaften:Steuererklärung auf absurd

Der deutsche Fiskus behandelt eingetragene Lebenspartner wie völlig fremde Personen. Ehegattensplitting für homosexelle Paare? Funktioniert nur auf dem Papier. Praktisch birgt es jede Menge Probleme. Schuld daran ist Schwarz-Gelb.

Von Guido Bohsem

Wer sich ein Programm für seine Einkommensteuer-Erklärung im Internet gekauft hat, konnte sich dieser Tage über ein Update freuen. Mit den zusätzlichen Daten soll das Programm nun auch in die Lage versetzt werden, die Einkommensteuer für homosexuelle Lebenspartnerschaften zu berechnen. Denn diese sind ja seit Kurzem gleichgestellt und können deshalb auch das Ehegattensplitting in ihrer Steuererklärung geltend machen.

Was bei der Steuersoftware so scheinbar reibungslos funktioniert, bringt tatsächlich eine ganze Reihe von Problemen mit sich. Schuld daran ist die schwarz-gelbe Koalition. Denn diese hat zwar auf Druck des Bundesverfassungsgerichts das Einkommensteuergesetz geändert und die Lebenspartnerschaften bessergestellt. Die Abgabenordnung aber ließen Union und FDP unverändert, trotz eines entsprechenden Vorschlages der Länder. Das führt nun dazu, dass steuerrechtliche Dinge, die bei Ehepaaren völlig automatisch funktionieren, bei den Lebenspartnerschaften zu absurden Situationen führen.

Doch von vorne. Um zu verstehen, warum das so viel Scherereien für die Lebenspartnerschaften mit sich bringt, muss man die Bedeutung der Abgabenordnung für das Steuerrecht verstehen. Man könnte sagen, die Abgabenordnung ist so eine Art Gebrauchsanweisung für das Steuerrecht. Dort steht geschrieben, wie genau die Dinge funktionieren. In der Abgabenordnung wird unter anderem definiert, was überhaupt eine Steuer ist. Dort ist festgelegt, an wen ein Steuerbescheid ergehen darf und wie dieser genau auszusehen hat. Dort wird geklärt, was ein Verwandter (im steuerlichen Sinn) ist. Man erfährt, wie man gegen einen Fehler im Steuerbescheid vorgeht. Die Abgabenordnung regelt das Verfahren zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen.

Kurzum, weil die Koalition die Abgabenordnung nicht für die Homo-Ehe geändert hat, hakt es bei der Vollziehung der Einkommensteuer bei den etwa 27 000 eingetragenen Lebenspartnerschaften. Das räumt inzwischen auch das Finanzministerium ein, wie aus einem Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Hartmut Koschyk an die Linke-Finanzexpertin Barbara Höll hervorgeht. Die dort aufgeführten Ausnahmen zeigen, wie viel tatsächlich noch zu regeln ist. So zählen Lebenspartner steuerrechtlich derzeit nicht zu Verwandten und dürften deshalb in Steuerverfahren vor Gericht nicht die Aussage verweigern. Auch dürfen sich die Lebenspartner weiterhin nicht gegenseitig bei der Einkommensteuer helfen.

Finanzexpertin spricht von "Diskriminierung"

Unklar ist auch, ob sie den Einkommensteuer-Bogen zusammen unterzeichnen dürfen. Sollten die Lebenspartner getrennt leben, dürfen sie sich nicht wie Ehepaare an einem Ort veranlagen lassen, sondern müssen ihre Angelegenheiten mit zwei Finanzämtern regeln. Nach der Eheschließung wird dem heterosexuellen Paar von der Steuerverwaltung gewöhnlich automatisch die Steuerklassenkombination IV/IV zugewiesen, nicht so dem homosexuellen Paar. Gemeinsame Freistellungsaufträge sind derzeit ausgeschlossen und sollen erst noch ermöglicht werden.

"Die neue Generalnorm im Einkommensteuergesetz wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet", urteilt der Professor für angewandte Steuerlehre an der Freien Universität in Berlin, Frank Hechtner. So dürften eingetragene Lebenspartner sich nun zwar zusammen veranlagen lassen. Im Verfahren würden sie jedoch weiterhin behandelt, als seien sie völlig fremde Personen. "Das ist Absurdistan."

Nach Hölls Angaben hat es bereits viele Rückfragen von den betroffenen homosexuellen Paaren gegeben. Höll erhebt deshalb schwere Vorwürfe gegen die Koalition: " Auch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts diskriminieren vereinzelt Steuerbehörden eingetragene Lebenspartner weiter, da sie mit Verweis auf eine derzeit unklare Gesetzeslage oder technische Probleme die Zusammenveranlagung weiter ablehnen und verzögern."

Das kann noch lange dauern. Auf die Frage, wann denn die Abgabenordnung nun endlich an das Urteil des obersten Gerichtes angepasst wird, antwortete Koschyk, es werde nun in jedem Fall zu prüfen sein, "ob und gegebenenfalls inwieweit Sonderregelungen - welcher Art auch immer - notwendig sein könnten".

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