MeinungSchnelles Internet:Deutschland muss das Glasfasernetz ausbauen, sonst wird es abgehängt

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Kommentar von Helmut Martin-Jung

Lesezeit: 2 Min.

Leerrohre für Glasfasern. Der Glasfaserausbau in Deutschland kommt nicht gut voran. (Foto: Matthias Rietschel)

Internetanschlüsse in Deutschland leisten fürs gleiche Geld weniger als in anderen EU-Staaten. Das darf so nicht bleiben.

Portugal zum Beispiel. Kein reiches Land. Aber was schnelle und zukunftsfähige Internetanschlüsse angeht, weit vor Deutschland. Wie kann das sein? Wie viele Digitalgipfel wohl schon abgehalten wurden, ohne dass passiert wäre, was in anderen Ländern längst Standard ist: Glasfaseranschlüsse auszubauen. Und zwar für (fast) alle, flächendeckend. So wie in Schweden. Oder auch in Spanien oder in Frankreich. Und sogar in Rumänien.

Geredet worden ist über den schleppenden Ausbau von schnellem Internet in Deutschland schon viel. Oft und gern in einem Atemzug mit der Deutschen Bahn. Beide Einrichtungen haben gemein, dass sie weit weniger gut funktionieren, als sie könnten und auch müssten. Die früher gut funktionierende Bahn wurde kaputtgespart bis zu einem nur schwer zu behebenden Reformstau. Der Internetausbau dagegen leidet an einem Geburtsfehler, der bis heute nicht richtig behoben wurde.

Mancher oder manche mag jetzt sagen, er oder sie habe doch Internet. Sogar für Netflix in hoher Qualität reiche das dicke aus. Jaja, das schon. Wer ältere Kinder im Haushalt hat, sieht das womöglich schon anders. Und wer ein bisschen in die Zukunft blickt, wird schnell erkennen: Mit den jahrzehntealten Kupferleitungen ist schon bald kein Staat mehr zu machen.

Das Ganze wirft zwei Fragen auf: Wieso ist es überhaupt so wichtig, dass schnelle Internetanschlüsse flächendeckend zur Verfügung stehen? Und wenn das so ist, warum wurde dann bisher nicht genug getan dafür?

Die Datenmengen haben sich über die Jahre stets nur in eine Richtung bewegt – nach oben. Neue, datenintensive Anwendungen etwa mit KI werden schon bald ganz andere Anforderungen an die Übertragungsleistung stellen als heute. Fernsehen könnte demnächst auch ins Internet abwandern.

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass Glasfaser in Deutschland viel zu spät eine Rolle spielt? Alles begann beim Geburtsfehler des Internetausbaus in Deutschland. Es gab 1981 einen Plan, Glasfaser auszubauen. Dann aber kam 1982 Helmut Kohl an die Macht. Und dem war es wichtiger, mithilfe der damals günstigeren Kupfer-TV-Kabel eine Voraussetzung für Privatsender zu schaffen, die nicht so linkslastig sein würden, wie Kohl die Öffentlich-Rechtlichen sah. Also Kupfer für alle. Entweder per Telefonleitung oder per TV-Kabel.

Das Postmonopol wurde zwar später abgeschafft, was aber blieb, war der ehemalige Monopolist, der in weiten Teilen des Landes noch immer die sogenannte letzte Meile kontrolliert, also die letzten paar Hundert Meter vom grauen Kasten auf der Straße bis zum Anschluss im Haus.

Warum Kupferkabel ersetzen, wenn man gutes Geld damit verdient?

Fatalerweise erfordert es die Technologie, die überhaupt einigermaßen schnelles Internet auf dem Kupfer-Telefonkabel möglich macht, das Vectoring, dass ein Anbieter die letzte Meile unter Kontrolle hat, anders geht es technisch nicht. Also müssen die Konkurrenten den Zugang zu regulierten Preisen mieten.

Die Telekom, wer könnte es ihr als Aktiengesellschaft verdenken, hat kein gesteigertes Interesse daran, das alte Kupfernetz besonders schnell abzulösen. Es ist bereits abgeschrieben, man verdient gutes Geld damit. Auch viele Kunden sehen im Moment nicht den Bedarf, fürchten sich vor höheren Kosten. Die könnten aber dann erst recht auf sie zukommen, wenn der Bedarf plötzlich da ist.

Pro Dateneinheit bezahlen deutsche Kunden aber schon jetzt viel zu viel. Mit Glasfaser bekämen sie wenigstens auch eine entsprechende Gegenleistung. Und eine, die auch in Zukunft noch genügend Potenzial für mehr Leistung bietet. Kommt Deutschland dabei aber nicht in die Puschen, werden die privaten Investoren, die viel Geld in Glasfaser-Unternehmen gesteckt haben, womöglich bald die Geduld verlieren.

Glasfaser könnte in Deutschland weitgehend privat finanziert ausgebaut werden, das Geld ist (noch) da. Monopole sind dabei nicht zu befürchten, wenn Konkurrenten der Zugang zu den Netzen zu fairen Bedingungen gewährt wird (Open Access). Staatliches Geld braucht es nur da, wo es sich für Private nicht lohnt auszubauen. Der Staat könnte dafür beispielsweise seine Anteile an der Deutschen Telekom verkaufen. Insgesamt gilt: Bei Glasfaser muss mehr gehen in Deutschland, will man nicht auch hier abgehängt werden.

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