Glasfaser-Anschlüsse:Warum Deutschland einfach kein schnelles Internet bekommt

Glasfaserkabel Ausbau

Ein Arbeiter verlegt am Glasfaserkabel.

(Foto: dpa)
  • Die Telekom und lokale Netzanbieter konkurrieren darum, Gewerbegebiete ans schnelle Glasfaser-Netz anzubinden.
  • Die Landbevölkerung muss auf moderne Anschlüsse warten. Der Ausbau ist den Unternehmen außerhalb der Ballungszentren oft zu teuer.
  • Allerdings reicht auch in den Städten die Bandbreite kaum aus.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Diese Woche zieht endlich die Zukunft ein bei Pape + Rohde. Die Düsseldorfer Firma verkauft Büromöbel und betreibt mittlerweile einen großen Online-Shop. Dazu braucht es Computer, die mit dem Internet verbunden sein müssen. Doch in dem Gewerbegebiet, in dem Pape + Rohde seit 25 Jahren seinen Sitz hat, hatte die Infrastruktur nicht Schritt gehalten: Zwar brachte die Deutsche Telekom vor vier Jahren VDSL-Technik in den Stadtteil Heerdt. "Doch es hat sich schnell gezeigt, dass diese Bandbreite immer noch nicht ausreichend ist", sagt Rainer Dzaack, der Geschäftsführer von Pape + Rohde.

Nun aber gibt es endlich Besserung. Das Unternehmen profitiert von einem Konkurrenzkampf, den sich Telekom-Konzerne und regionale Versorger in vielen Städten liefern: In Düsseldorf-Heerdt verlegt Vodafone ein Glasfasernetz; alleine im Raum Düsseldorf sollen noch bis Weihnachten weitere Gewerbegebiete mit bis zu 5000 Unternehmen folgen. Aber auch die Deutsche Telekom versorgt in anderen Teilen Düsseldorfs knapp 4000 Betriebe mit der erheblich schnelleren Glasfaser. "Wir bieten den Unternehmen damit die beste Infrastruktur für die Digitalisierung", sagt Hagen Rickmann, Geschäftskundenchef der Telekom.

Was Glasfaserkabel bis ins Gebäude betrifft, hat Deutschland noch viel aufzuholen. Etwa 880 000 Anschlüsse mit dieser Technik wird es zum Jahresende geben. Das berichtet der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) in seiner Marktstudie, die auf Geschäftszahlen und Aussagen der Telekommunikationsunternehmen basiert. Demnach werden gut 16 Prozent mehr Glasfaser-Anschlüsse genutzt als im Vorjahr. "Damit ist Deutschland im internationalen Vergleich aber sicher nicht führend", sagt Studienautor Torsten Gerpott von der Uni Duisburg-Essen.

Und das ist ein Problem, denn die Unternehmen verlangen nach immer leistungsfähigeren Anbindungen ans Internet, getrieben durch den Trend zur Vernetzung. Erst an diesem Dienstag forderte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau daher, Deutschland müsse endlich mehr Geld in einen flächendeckenden Glasfaser-Ausbau investieren.

Aber auch Privatpersonen verlangen nach mehr Power im Netz. Sie wollen Filme und Musik als Datenstrom aus dem Internet konsumieren, wollen zeitversetzt fernsehen. Insgesamt werde das Datenvolumen im Festnetz in diesem Jahr um etwa 38 Prozent wachsen, prognostiziert der VATM. Im Mobilfunk erwartet die Branche in diesem Jahr fast 50 Prozent Zuwachs beim Datenverkehr.

Alte Kupferkabel sind weiter unverzichtbar

Das könnte ein Ansporn sein zum Ausbau der Netze. Doch der VATM erwartet, dass die Breitband-Investitionen der Telekommunikationsbranche in diesem Jahr stagnieren werden - wenn auch auf einem hohen Niveau von knapp acht Milliarden Euro. Bislang ist vor allem die Flächendeckung das Problem. Der größte Netzbetreiber Deutsche Telekom hat sich vorgenommen, zunächst 80 Prozent der Haushalte bundesweit mit VDSL-Technik zu versorgen. Zu diesem Zweck verlegt der frühere Staatskonzern derzeit Glasfaser-Leitungen bis zu den Schaltkästen in den Straßen - für die letzten Meter bis zum Haus nutzt die Telekom jedoch zumeist die alten Kupferkabel. Die Datenmenge einer DVD zu laden, dauert damit etwa zwölf Minuten.

Der Glasfaser-Ausbau wird Thema bei den Koalitionsverhandlungen sein

Doch gerade in den Ballungszentren reicht vielen Kunden diese Bandbreite ganz offensichtlich nicht mehr aus. Davon profitieren Kabelnetzbetreiber wie Unitymedia oder Vodafone, die seit einigen Jahren höhere Bandbreiten bieten. Sie erwarten in diesem Jahr einen knapp vier Prozent höheren Umsatz als im Vorjahr - obwohl die Erlöse der Telekommunikationsbranche insgesamt zurückgehen dürften, weil die Menschen immer seltener per Festnetz telefonieren. "Die Breitband-Kabelnetzbetreiber machen insbesondere in den Ballungsgebieten den anderen Wettbewerbergruppen das Leben nicht leicht", sagt Branchenexperte Gerpott. Dort investieren zudem regionale Versorger in schnelleres Internet. In Köln etwa bindet die Firma Netcologne derzeit weitere 100 000 Haushalte sowie zehn Gewerbegebiete an ihr Glasfaser-netz an. 70 Prozent der Haushalte sollen dann angeschlossen sein. Doch je entlegener die Straßenzüge, desto mehr kostet sie auch der Ausbau, da die Kabelrohre mit hohem Aufwand unter der Erde verlegt werden müssen.

Wie es Politik und Wirtschaft gelingen soll, mehr Glasfaser-Anschlüsse in die Fläche zu bringen, wird ein Bestandteil der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene sein. Die Deutsche Telekom fordert, dass sie ihren Wettbewerbern künftig nicht mehr zu festgesetzten Preisen Zugang zu ihren Leitungen gewähren muss, wenn sie auf Glasfaser-Hausanschlüsse umsattelt. Für einen derart deregulierten Markt stellt der frühere Staatskonzern noch höhere Breitband-Investitionen in Aussicht.

Ohne weitere staatliche Eingriffe kämpfen die großen Anbieter derzeit primär um den Anschluss von Geschäftskunden wie Pape + Rohde. Dazu suchen Unternehmen wie Vodafone zunächst den Kontakt zur jeweiligen Stadtverwaltung. Dann fragen sie in der sogenannten Vorvermarktung ab, wie viele Firmen in dem Gewerbegebiet an einem Glasfaser-Anschluss interessiert sind. "Wenn sich so viele Unternehmen finden, dass die Investition auch für uns wirtschaftlich interessant ist, dann können unsere Bagger anrollen", sagt Alexander Saul, der bei Vodafone Deutschland für Firmenkunden zuständig ist. Der Schwellwert hänge von den Bedürfnissen der Kunden ab.

In Düsseldorf hat sich Pape + Rohde nun zunächst für drei Jahre verpflichtet, den Glasfaser-Anschluss zu nutzen. "Für die Zukunft unseres Unternehmens ist es sehr wichtig, dass wir endlich vernünftige Arbeitsgeschwindigkeiten haben", sagt Geschäftsführer Dzaack. "Es fühlt sich an, wie von einem Trabi auf einen Porsche umzusteigen."

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